Skitour Schalfkogel
Ötztaler Alpen
3537 Meter
8. Mai 2021
Autor: Jürgen
Mit auf Tour: Holger
Beschreibung:
Lange Skihochtour von Obergurgl über den Gurgler Ferner und den Kleinleitenferner auf den Schalfkogel im Ramolkamm: die Tour beginnt mit dem langen Zustieg von Obergurgl (1.910m) zur Schönwieshütte (2.266m) und an der Gurgler Großalm (2.252m) vorbei zur Langtalereckhütte (2.430m). Von der Hütte hinab zur Gurgler Ache (2.220m) und durch die im Winter begehbare Schlucht zum Ansatz des Gurgler Ferners, der sich mittlerweile auf ca. 2.700m zurückgezogen hat. Auf 2.820m rechts aufwärts über eine Steilstufe zum Kleinleitenferner und in einem weiten Bogen zum Schalfjoch (3.373m). Entweder über den Grat stapfend oder rechts unterhalb in der Flanke mit Ski. Wir richten Skidepot bei 3.470m ein und stapfen das letzte Stück zum Gipfel (3.537m). Abfahrt direkt zum Kleinleitenferner und weiter entlang der Aufstiegsroute.
Schwierigkeitsgrad: ziemlich schwierig (ZS). Die Tour ist mit über 26km lang mit diversen Gegenanstiegen. Gute Verhältnisse in der Schlucht am Langtalereck empfehlenswert. Anstieg vom Schalfjoch über den Grat sowie auf den letzten Metern exponiert.
Schnee- und lawinenkundliche Erfahrung nötig. Für aktuelle Verhältnisse die Informationen des Lawinenwarndiensts beachten.
Dauer: 9:00 Stunden
Höhenmeter: 2.170 Meter
Parkplatz:
Obergurgl
Einkehrmöglichkeiten:
Schönwieshütte oder Gastronomie in Obergurgl
Landschaft: ********** (10/10)
Kondition: ********* (9/10 - je nach Schneelage)
Anspruch: ******* (7/10)
Dem Skitouren-Himmel ganz nah bei unserer Abfahrt über den gigantischen Gurgler Ferner. Konditionell hat uns der Schalfkogel einiges abverlangt, v.a. weil wir einiges im schweren Pulver selbst spuren mussten.
6 Uhr morgens. Wo wollen wir hin? Auf den letzten halblinks im Bild erkennbaren Gipfel, 9,3km Luftlinie vom Startpunkt Obergurgl entfernt. Etwas Neuschnee im punkto Wetter durchwachsenen Mai 2021, Windfahnen über dem Ramolkamm: es wird wohl kein Leichtes sein.
Anfangs folgen wir der Route zu Eiskögele und Seelenkogel, bei der Schönwieshütte allerdings weiter Richtung Süden und um den Rücken des Hangerers herum zur Gurgler Großalm (2.252m). Langsam, aber nur langsam rückt unser Ziel näher. Mit etwas Höhenverlust weiter talein.
Nach 1:30h kommen wir zur Langtalereckhütte (2.430m). Der links erkennbare Schwärzenkamm versperrt den direkten Weiterweg zum Gurgler Ferner, also müssen wir rund 200 Höhenmeter abfahren und in die rechts unten schon sichtbare Schlucht einsteigen.
Das Ramolhaus thront weit oberhalb. Der Wind hat sich beruhigt.
Die noch vor uns gestartete Gruppe ist von der Langtalereckhütte Richtung Langtaler Ferner und Hochwilde weitergegangen, wir spuren nun alleine weiter. Vorne oben die Piccard-Brücke, welche den Sommerweg zwischen Langtalereckhütte und Ramolhaus erleichtert. Benannt übrigens nach dem schweizer Wissenschafter Auguste Piccard, der nach seinem Ballonhöhenweltrekord im Mai 1931 auf dem Gurgler Ferner notlanden musste.
Ein tolles Erlebnis!
Ausstieg aus der Schlucht, unterwegs Richtung Gurgler Ferner. Piccard hat 1931 hier sicher andere Verhältnisse vorgefunden. Vor hundert Jahren reichte das Eis noch bis zum Langtalereck, wo es mitunter zerstörerische Gletscherseeausbrüche ins Gurgler Tal gab. Selbst das vor wenigen Jahren auf 2.450m noch vorhandene Gletschertor hat sich völlig aufgelöst.
Der Gletscher hat sich mittlerweile auf rund 2.700m zurückgezogen. Wir steigen durch tolles Gelände weiter an.
Rechterhand die steile Ostflanke des Schalfkogels, durch die man bei guten Bedingungen direkt vom Schalfkogel abfahren könnte. Haben wir aufgrund des Neuschnees und der Exposition bzw. Steilheit aber nicht gemacht.
Am Gurgler Ferner, bestes Wetter. Mittlerweile sind wir bald 3h unterwegs.
Linkerhand das Hochwildehaus, seit 2016 aufgrund des tauenden Permafrosts geschlossen.
Wir genießen jeden Schritt in dieser fantastischen, hochalpinen Umgebung.
Auf 2.820m suchen wir uns die logische Route hinauf zum Kleinleitenferner.
Blick hinaus nach Obergurgl und in die höchsten Stubaier.
Für mich spannend: die Hochwilde (3.480m) mit ihren beiden Gipfeln, vorgelagert der Annakogel (3.333m) sowie der Mitterkamm.
Die Sonne brennt herunter, es spurt sich mühsam. Holger wie üblich voraus. (Ich sollte auch aufhören, am Abend vor Skitouren ausgedehnte Laufrunden zu drehen). Im Hintergrund die Kleinleitenspitze (3.446m), wir halten uns ...
... rechts hinauf zum Schalfjoch sowie weiter zum Schalfkogel.
Ich als kleiner schwarzer Punkt vor dem gewaltigen Panorama des Gurgler Ferners, dahinter die Seelenkögel mit ihrem höchsten Punkt, dem Hinteren Seelenkogel (3.470m). Ganz hinten die Dolomiten. Das sind die Momente, wofür man sich um 3:30 Uhr aus den Federn quält.
Holger geht nicht das kurze Steilstück in der Südostflanke, sondern schultert die Ski und nimmt den Grat.
Nach Ankunft am Schalfjoch (3.373m) entscheide ich mich für selbiges. Leicht exponiert hinauf in eine Mulde.
Innehalten und Umgebung genießen. Nun freier Blick nach Süden über den Alpenhauptkamm in die Texelgruppe und die Ortleralpen.
Die Mulde unter dem Gipfel, am oberen Ende Skidepot.
Uns empfängt ein straffer Nordwestwind, der uns jetzt aber auch nicht mehr vom Gipfelsturm abhält.
Holger steigt bereits wieder ab, ich habe die letzten Meter noch vor mir.
Schalfkogel, 3.537m, beinahe 6h (!) nach Aufbruch. Sicher wäre es von Westen her von Vent über den Diemferner schneller gewesen, landschaftlich ist der Ostanstieg vom Gurgler Ferner aber der Schönere.
Durchaus exponiert, die obersten Meter, vor allem mit der spitzen Wechte bei uns mit Vorsicht zu begehen.
Die direkte Nordostabfahrt lassen wir für heute sein. Zu stark war die Sonnenexposition über den Vormittag und unten wird die Flanke noch steiler.
Dafür fahren wir direkt vom Skidepot auf den Kleinleitenferner ab.
Ich brauch heute für alles ein bisschen länger, auch der Rückweg wird sich noch ziemlich in die Länge ziehen.
Gewaltige Abfahrt!
Belohnung für alle Mühen!
Ohne Schwierigkeiten durch den Felsgürtel herab auf den Gurgler Ferner.
Flach, aber noch immer pulvrig - immerhin Mai zur späten Mittagszeit - hinab zur Schlucht.
Auch runter eine spektakuläre Erfahrung.
Der Frühling ist nicht mehr zu verleugnen.
Auf den 20 Minuten Gegenanstieg zur Langtalereckhütte holt Holger eine Viertelstunde Vorsprung heraus. Meine Füße waren bei der brennenden Sonne wie Beton.
Rückblick auf den mächtigen Schalfkogel.
Nach einer 'Energy-Kugel' packen wir auch noch den letzten Gegenanstieg zur Schönwieshütte. Der Rest ist die Abfahrt in das frühlingshafte Obergurgl. Mit 9 Stunden, also deutlich länger als gedacht, hat uns der Schalfkogel einiges abverlangt - für uns überwiegen aber die positiven Eindrücke der ungemein imposanten Ötztaler Bergwelt.
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