Skitour Schrankogel (über Ostgrat)
Stubaier Alpen
3497 Meter
15. Jänner 2020
Autor: Jürgen
Beschreibung:
Lange Skitour von Gries im Sulztal auf den zweithöchsten Gipfel der Stubaier Alpen: vom Parkplatz in Gries (1.570m) vorbei an den Sulztalalmen zur Amberger Hütte (2.136m) und durch die flache 'Sulze', bis links das Schwarzenbergtal abzweigt. Durch dieses aufwärts, auf ca. 2.900m auf den Schwarzenbergferner und zum Fußpunkt des Schrankogel-Ostgrats (ca. 3.030m). Aufgrund der geringen Schneelage von unten weg gestapft, bei mehr Schnee wird üblicherweise auf dem ersten Rücken oben Skidepot eingerichtet. Nun immer am Ostgrat aufwärts zum Gipfel (3.497m). Abstieg und -fahrt auf selber Route.
Die Sommertour über den Südwestgrat kann man hier nachlesen.
Schwierigkeitsgrad: ziemlich schwierig (WS/I).
Die Skitour bis zum Beginn des Ostgrats ist zwar lang, aber wenig schwierig. Der Ostgrat ist je nach Verhältnissen zu beurteilen, in meinem Fall guter Stapfschnee. Die steilste Stelle (ca. 45°) gleich bei der ersten Rinne hinauf auf den Rücken, in weiterer Folge minimale Kraxelei (kaum I). Die weiteren Schlüsselstellen sind der kleine nordseitige Aufschwung unterhalb der Gipfels und der kurze Firngrat.
Schnee- und lawinenkundliche Erfahrung nötig. Für aktuelle Verhältnisse die Informationen des Lawinenwarndiensts beachten.
Dauer: 7:45 Stunden
Höhenmeter: 1950 Meter
Parkplatz:
Parkplatz Amberger Hütte bei dem Lift in Gries.
Einkehrmöglichkeiten:
Amberger Hütte (im Jänner geschlossen)
Landschaft: ********* (9/10)
Kondition: ********* (9/10 - je nach Schneelage)
Anspruch: ******* (7/10)
Die letzten Meter meines Wegs zum Schrankogel, mit 3.497m der zweithöchste Gipfel der Stubaier Alpen. Aus dem Tal ist die Skitour mit der abschließenden Stapferei über den Ostgrat eine konditionelle Herausforderung, manche nennen es auch "Höhenmeterfressen". Der Ausblick von oben ist allerdings Weltklasse.
Im Hochwinter ist der Gipfel eher unüblich, aber was ist in dem eigenartigen Winter 2019/2020 schon normal. Aufgrund der im Jänner noch geschlossenen Amberger Hütte starte ich im Tal in Gries (1.570m). Die erste Hälfte des langen Hatschers zur Amberger Hütte absolviere ich im Dunkeln.
Dämmerlicht um halb 8 bei der Vorderen Sulztalalm. Links der Bildmitte bereits der Schrankogel, um den man aber noch eine 270° Runde vollführen muss, um zum Ostgrat zu kommen.
Ein weiterer herrlicher Tag in dieser mehrwöchigen Hochdruckphase des Jänner 2020. Draußen über dem Ötztal posiert der Fundusfeiler (3.079m).
Hier schon in der 'Sulze', dem Flachstück nach der geschlossenen Amberger Hütte (2.136m), im Hintergrund der Geißlehnkogel (3.216m). Ca. 1:30h muss man schon für den Zustieg zur Hütte rechnen, wenn man sich nicht gleich zu Beginn verausgaben will.
Jetzt beginnt der alpinere Teil. Die Route bleibt aber vorerst einfach und man hat Zeit die Umgebung zu studieren, wie hier die Wilde Leck (3.359m).
Je nach zeitlichem Fortschritt hatte ich auch mit der kürzeren Tour auf die (hier nicht sichtbare) Kuhscheibe spekuliert, dazu müsste man gegenüber ins Rosskar ansteigen.
Ich biege aber links ins Schwarzenbergtal ab. Rechts die Nordseiten vom Bockkogel (3.095m) und der interessanten Mutterberger Seespitze (3.302m).
Nach den ersten 2,5 Stunden ist das Gipfelkreuz des Schrankogels noch 1.200 Höhenmeter entfernt.
Schattig hinauf in Richtung Schwarzenbergferner. Rechts oben nun die Westl. Schwarzenbergspitze (3.364m).
Herrliche Landschaft der westlichen Stubaier.
Den ersten Gletscherbruch umgeht man rechts, weiter oben öffnet sich das weite Becken. Links der Schrankogel mit seinem Ostgrat.
Die Umrahmung des Schwarzenbergferners wird durch Schrankkarkogel (3.332m), Schrandele (3.392m) und die Wildgratspitzen (3.320m) beherrscht.
Dank Social Media ist man ja bestens vorbereitet und mich überrascht die Situation am unteren Ostgrat daher nicht. Im Frühjahr steigt man von rechts mit Ski auf den unteren Rücken, das wäre heute nicht wirklich sinnvoll.
Daher unten auf 3.030m Skidepot gemacht und die Rinne raufgestapft (etwas über 45°). Sicherheitshalber mit Steigeisen, geben dann bei den minimal ausgesetzten Stellen im oberen Teil mehr Sicherheit.
Vom hier sinds dann noch etwa 450 Höhenmeter. Den ein oder anderen Zuckerschub kann man hier gut gebrauchen.
Guter Trittschnee, manchmal auch mit etwas Hand am Fels.
Schrandele.
Hier schon im oberen Teil des von unten einsehbaren Ostgrats.
Der Grat wird schmäler ...
... die Aussicht mit jedem Schritt famoser.
Einblick in die Nordwand, ich würde sagen etwas weniger als 50°. Bei dem Hartschnee definitiv keine Option, die Felsriegel unten sind alle nicht eingeschneit und ein Rutscher könnte katastrophal enden. Jetzt müsste mir halt nur noch jemand erklären, wie die Spur in den Hang kommt?!
Die letzten 200 Höhenmeter waren dann schon 'a schware Partie fia mi'. Bei dem kleinen Felsriegel die Stelle mit der nordseitigen Umgehung.
Umso glücklicher dann endlich am Gipfel (3.497m). Traumtag, weit und breit den ganzen Tag niemand zu sehen.
Von dort unten, fast 2.000 Höhenmeter tiefer, kam ich her.
Der Ausblick ist grenzenlos: hier nach Nordosten über den Schwarzenbergferner bis ins Inntal.
Ein besonderer Platz, den man nur ungern verlässt.
Tiefblick in die Nordflanke, macht einen sehr steilen Eindruck. Ausgesetztheit macht mir in der Regel nichts, aber solche Flanken sind nicht meine Disziplin.
Der Abstieg - ein einziger Genuss.
Über die Wildgratscharte könnte man hinüber zur Franz-Senn-Hütte wechseln. In Bildmitte die Innere Sommerwand.
Mit den Eisen stressfrei runter.
Der Mensch - so klein (und leider so zerstörerisch).
Runter durch die letzte Rinne.
Done.
Absolutes Hochgefühl bei der Abfahrt.
Wiederschaun, Schrankogel.
Teilweise extrem ruppig, je weiter man runterkommt desto besser.
Noppenpulver im Schwarzenbergtal.
Die 900 Höhenmeter vom Skidepot zur Hütte vergehen wie im Flug. Ich bin mehrmals stehengeblieben um die Umgebung auf meine innere Festplatte zu speichern.
Ging deutlich besser als gedacht.
Mit frisch gewachsten Ski flott durch die Sulze ...
... und mit diesem Rückblick zum Schrankogel raus nach Gries.
Yes! Den Schrankogel muss man halt doch einmal machen, der Blick von oben gehört zum Besten in den Ostalpen. Sicher war die Schneelage nicht die Beste, aber so einsam ist es mir lieber als in den überlaufenen Frühjahrsmonaten.
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andrea (Samstag, 18 Januar 2020 18:33)
Große Bergfahrt, ungewöhnliches, aber passendes Timing. I like. �
Benedikt (Samstag, 18 Januar 2020 19:53)
Dein Satz „Der Mensch - so klein (und leider so zerstörerisch).“ ist leider sehr wahr, wir zerstören unsere Umwelt, verursachen den Klimawandel und dadurch werden unter anderem unsere Gletscher verschwinden (worauf du höchstwahrscheinlich anspielst). Jedoch muss ich anmerken, dass jeder einzelne auch mit seinem Freizeitverhalten die Umwelt beeinflussen kann, insbesondere beim Bergsport. Man muss sich schon die Frage stellen, ob es vertretbar ist, als Einzelperson 100-150km mit dem Auto zu fahren, nur um eine Tour zu absolvieren.
Tipp: Anstatt den Parklatz bei der Tourenbeschreibung anzuzeigen, könnte man auch die Möglichkeit des öffentlichen Verkehrs aufzeigen (was bei der Tour natürlich (leider) sehr schwierig ist).
Genug mit den kritischen Worten :) euer Blog ist echt sehr lesenswert!
Jürgen (Sonntag, 19 Januar 2020 10:26)
Danke für die Kommentare und die Anregungen!
Benedikt, zu deinen Anmerkungen: Als Bergsportler stecken wir leider im multiplen Dilemma: man ist selbst Mitverursacher, wenn an einem schönen Wochenende die Massen ins Rollen kommen; es braucht ganz schön viel an Material und Energie um einen einzigen Bergsteiger auf einen 3.000er zu bringen; und als Blogger heizt man den Hype noch an, völlig egal ob ich ein kryptisches Foto ohne Ortsangabe oder einen gut dokumentierten Bericht veröffentliche.
Ich finde es gut, dass das Thema Öffentlicher Verkehr für Bergsteiger mehr ins Bewusstsein rückt, allerdings hilft es nichts wenn ich mir dann meine Ausrüstung via Amazon importieren lasse oder meinen Sommerurlaub im Himalaya verbringe. Die Idee mit der Erwähnung der ÖV-Anbindung haben wir schon diskutiert, allerdings ist es kaum möglich diese Infos für >500 Touren halbwegs aktuell zu halten.
Kurzum: die Gesellschaft als Ganzes muss Wege zur ressourcenschonenden Freizeitgestaltung finden, die umweltverträglichen Technologien existieren ja zum Teil schon. Auf ein Umdenken alleine des Klimaschutzes wegen würde ich nicht hoffen, die individuelle Vertretbarkeit bewertet jeder anders. Man sollte auch niemandem etwas verbieten, trotzdem lässt sich bis auf weiteres die große Masse (inkl mir selbst) wohl leider nur über die Faktoren Kosten und Zeit steuern. Enthusiasten und Idealisten mögen ihre Wege trotzdem finden.