Volt-Runde
128 Kilometer, ca. 2.000 Höhenmeter
Waldviertel / Niederösterreich
25. Juli 2020
Autor: Jürgen
Beschreibung:
Ausgedehnte Bike-Runde durch die hügelige Landschaft des südöstlichen Waldviertels in der Kampseen-Region im Bezirk Krems-Land. Das "Volt" mag sich aus der Stromerzeugung an den Kamptal-Stauseen oder aus der Tauglichkeit der Route für eBikes herleiten. Die Runde wurde offiziell 2019 eröffnet, ist durchgängig beschildert und führt mit Ausgangspunkt Rastenfeld zuerst entlang der Kamp-Stauseen ostwärts, durchquert die weitläufige Hügellandschaft des Horner- und Gföhlerwalds und führt in einem weiten Bogen nach Rastenfeld zurück. Detaillierte Routeninfos hier.
Schwierigkeitsgrad: leicht, als Tagestour konditionell anspruchsvoll
Die Tour verläuft zu 99% auf Asphalt und ist somit absolut eBike-tauglich.
Dauer: 7:45 Stunden inkl. Pausen
Distanz: 128
Kilometer
Höhenmeter: ca. 2000 (meine Höhenmessung ergab rund 2.100, der Bergfex-Track gibt 2.158m an, die offizielle Angabe liegt aber bei
1.738hm).
Parkplatz:
Rastenfeld P&R.
Einkehrmöglichkeiten:
Gastronomiebetriebe entlang der Strecke
Landschaft: ******** (8/10)
Kondition: ******* (7/10)
Anspruch: **
(2/10)
Die 'Volt'-Runde auf einem Bild: sanfte, grüne Hügel und wenig befahrene Asphaltsträßchen. Die Runde ist weitläufig und bietet unzählige schöne Ein- und Ansichten in die Waldviertler Gegend. Mich hat vor allem interessiert, die Runde einmal in einem Guss zu fahren (ohne eBike!) und dabei Ecken zu sehen, in die ich bei einem Heimatbesuch sonst kaum komme.
Die Route im Überblick: Start ist in Rastenfeld, rund 15km von Zwettl entfernt, am Nordwesteck der Runde. Mit den Kampseen und den weitläufigen Flächen des Horner- und Gföhlerwalds gibt es bei genauerem Hinsehen recht unterschiedliche Landschaftsformen. In Summe sind es rund 128 Kilometer, die Höhenmeterangaben schwanken etwas (hier 2.160hm lt. Bergfex), richtig große Anstiege gibt es nicht (maximale Seehöhe 730m).
Ich will zügig durchfahren und lege um 6:30 Uhr in Rastenfeld (579m) los. Aufgrund des fast durchgängigen Asphalts lege ich mir ein Limit bis 14:30 Uhr, so dass ich eine Stunde später pünktlich und ohne muskuläre Leiden bei einer großen Geburtstagsfeier aufschlage. Von Rastenfeld erst einmal via Peygarten hinab zum Ottensteiner Stausee, dem obersten der drei Kampseen. Die Beschilderung ist vorbildlich.
Staumauer des Ottensteiner Stausees, Hinter dieser warten 70 Millionen m³ Kampwasser und es wird Strom für 30.000 Haushalte produziert.
Entlang des zweiten Stausees führt mich die Route bergab zur Ruine Dobra, samt nahegelegenem Camping-Platz.
Km 13, im wunderschönen Kamptal. Noch war es wolkig und das Wetter ideal für die heutige Bikerunde. Wie man an diesem Bild erahnen kann, sind immer etwa 100-150 Höhenmeter zwischen Kamppegel und umgebender Hochfläche zurückzulegen. Ein Spiel das sich bald mehrmals wiederholt.
Krumau am Kamp (370m) mit pittoresker Burg, entstanden im 11. oder 12. Jhdt. in der Zeit der Babenberger. Unmittelbar stromabwärts beginnt der Staubereich des Thurnberger Stausees, den ich aber nicht zu Gesicht bekomme.
Denn ich muss raus aus dem Kamptal.
Diese gelben Gesellen werden im Laufe des Tages noch ausreichend Sonne bekommen.
Ich durchfahre die Gegend um Alt- und Neupölla. Der Name leitet sich vom slawischen polan ab, was soviel wie "Leute in der Ebene" bedeutet. Ebendiesen Eindruck vermittelt die Landschaft hier: flach und als solche ostwärts ins Horner Becken verlaufend. Diese Gegend zählt zu den niederschlagsärmsten Österreichs, mit durchschnittlich <550mm/Jahr kaum halb so viel wie in inneralpinen Gebieten.
Größere Erhebnungen sieht man hier nur aus der Ferne, wie den Buchberg links (596m, nahe der Ruine Schauenstein) und den Dürrenberg rechts (608m). Ähnliche Höhen werden in östlicher Richtung erst wieder in den Kleinen Karpaten in der Slowakei erreicht, dazwischen liegt das Weinviertel.
Historisches.
Neupölla (475m, km 27, 1:30h).
Es ist 8:00 Uhr, ich bin am nördlichsten Punkt. Etwa um halb 12 möchte ich (muss ich) in Gföhl sein. Was hier 20 km auf der Straße wären, sind 57 Kilometer am Volt-Weg. Es gibt also ein paar Schleifen zu bewältigen, die sich aber allesamt landschaftlich lohnen.
Wo's rauf geht, geht's auch runter. Hier unterhalb des Thurnberg-Stausees im idyllischen Örtchen Wegscheid (345m). Wer das Kamptal von hier aus ostwärts verfolgen will, bekommt einen besonders urigen, aber nur sehr eingeschränkt befahrbaren Abschnitt zu sehen.
Wo's runter geht, geht's auch wieder rauf. Einer der vergleichsweise größeren Anstiege führt mich über 160 Höhenmeter aus dem Kamptal in das Örtchen Wilhalm.
Die Landschaft ändert sich. Ab hier bin ich im Hornerwald unterwegs.
Blick nach Westen, am Horizont erkannt man schematisch die über 1000m erreichenden Höhenzüge des Weinsberger Waldes.
St. Leonhard am Hornerwald (582m, km 39, 2:30h). Auch wenn mein neues Bike sehr geländetauglich ist, es rollt sich auch auf der Straße exzellent.
St. Leonhard hat es mit der längsten Leiter der Welt (41m) sogar ins Guinness Buch der Rekorde geschafft.
Liebliche Landschaft. Im Osten - jeder Waldviertler Schüler hat schon von ihm gehört und kaum jemand war jemals dort - der Manhartsberg. Dieser Höhenzug bildet den Ostrand der Hochfläche der Böhmischen Masse und somit auch die Grenze zwischen Wald- und Weinviertel.
Rückblick auf St. Leonhard.
Die Kilometer rollen dahin. Die Wegeplaner sorgen bewusst für einige Höhenmeter, in dem jeder größere Graben der Gegend (Jägerbach, Kotbach...) mitgenommen wird. Ein sehr schönes Eck der Runde.
Auge fürs Detail.
In Richtung Tautendorf unterwegs. Von hier wäre es nicht mehr weit zum, wie die Einwohner des Waldviertler Hochlands westlich von Zwettl sagen, "mediterranen" Teil dieser Gegend. Hier geht der Nadel- in den Laubwald über und kaum 100 Höhenmeter tiefer beginnen die Kamptaler Weinlagen rund um Langenlois. Neben der Wachau gibt es keinen besseren Platz auf der Welt für Grünen Veltliner und Riesling.
Vor lauter Muße vergisst man es fast: die Corona-Zeit wird nicht ungeschickt für politische Werbung genutzt. Hunderte Plakate davon hingen im Sommer 2020 herum, und die Message an sich ist auch nicht falsch.
Türkis ist was für Meereslagunen, da ist mir sattes vegetatives Grün schon lieber.
Einmal rund um den Glasberg (581m), Mittelgebirgscharakter.
18km noch bis zur Mittagsjause, ich bin in der Zeit.
Lavendel im Waldviertel. Für mich eine Premiere, hatte ich bisher eher mit der Toskana oder Dalmatien verbunden.
Es gibt sie aber auch noch, die klassischen Obstbäume.
Obertautendorferamt, Eisenbergeramt, Gföhleramt... die Bedeutung der "-ämter" bei Streusiedlungen in der Region des Gföhlerwalds ist mir nicht bekannt. Hier bei der Florianikapelle (606m). Man mag sich auch hier nicht täuschen: auch wenn es "oben" immer flach wirkt, nach einigen Kilometern kommt mit Sicherheit eine Abfahrt in einen Graben, aus dem man auf der anderen Seite wieder raus muss.
11:30 Uhr, km 79, 5h ab Abfahrt. Mittagsrast in Gföhl (579m), am nahen Schloss Jaidhof bin ich vorbeigerauscht.
Apfel, Riegel, Limonade, und ein Fernblick zum Großen Peilstein (1.061m). An diesem Höhenzug bin ich auf meiner Granittrail-Nonstop-Tour vorbeigekommen. Aus mir unerklärlichen Gründen geizt die Region um Gföhl mit Frischwasser, also leicht zugänglichen Bächen und, vor allem, Dorfbrunnen in Trinkwasserqualität. Dies ist anders als im Waldviertler Hochland und liegt vermutlich am Gneisuntergrund.
Im Süden kündigen die Hügel die landschaftlichen Schönheiten des Kremstals an.
Für mich aber weiter Richtung Westen, die Sonne kommt und mit ihr drückende Mittagshitze.
Burg Rastbach. Viele Jahre bin ich von Zwettl über Gföhl und Krems nach Wien gependelt und habe kein einziges Mal diese Burg bewusst wahrgenommen.
Am Weg nach Westen steigt es langsam, aber stetig an.
Lichtenau (639m, km 93, 5:45h). Viel Zeit und Laune für Pausen hab ich nicht mehr, Stehenbleiben sorgt für sofortigen Hitzestau.
Aber ein schöner Ort.
Und wiederum viel Gegend.
Kleine Bergwertung, zum ersten Mal auf der Runde komme ich auf über 700m Seehöhe.
Es mag Jeitendorf oder Moniholz sein. Sicher bin ich mir lediglich, dass man dahinter den Sender am Loschberg erkennt, über den der Waldviertler Kulturpfad führt.
Es geht was weiter. Drückende Schwüle. Wenige Stunden später werden hier die Gewitter toben, die wir von der abendlichen Geburtstagsfeier aus der Ferne betrachten konnten.
Gr. Reinprechts (707m, km 104, 6:30h), kurz zuvor ein nennenswerter Anstieg nach Kornberg (Graben mitgenommen, eh klar).
Links? Rechts? Geradeaus!
On my way to Moniholz.
Und dann kommts wie es kommen musste. Vor Jeitendorf ging ihnen für ein paar Hundert Meter der Asphalt aus. Ein eBike würde es trotzdem verkraften.
Mein Höhenmesser zeigt den 2000. Höhenmeter an, trotzdem flitze ich abwärts nach Niedergrünbach.
Auch ein nettes Örtchen, sogar mit elitärem Golfclub.
Manchmal sinniert man auf solchen Runden ja schon über den einen oder anderen Blödsinn: zum Beispiel, wieviele Schilder auf 128km gebraucht werden.
Ich quere die B38, die letzte Schleife naht.
Bei gefühlten 35° am Asphalt weiß ich, hinter diesen Hügeln da drüben wartet die Auto-Klimaanlage.
Blick hinüber nach Osten in die Gegend von St. Leonhard.
Dass es nahe Zwettl ein Reichers gibt, wusste ich. Das Armenhaus war mir aber neu.
Stilecht nähert sich die Tour ihrem Ende: ein Fahrt hinab zum Dobrabach resultiert in einem Anstieg hinauf nach ...
... Rastenfeld. Ende der Tour nach 7:45h und km 128, ziemlich exakt in der Planzeit. Schnitt 18,1 km/h exkl. 40 Minuten Pause. Eine halbe Stunde später war ich frisch geduscht und sogleich am Weg zu den Weltklasse-Veltlinern und Rieslings in Langenlois. Tolle Runde, toller Tag!
Kommentar schreiben
zt-biker (Donnerstag, 27 August 2020 19:22)
Ich hab deine Art, eine Gegend besonders treffsicher zu beschreiben richtig herbei gesehnt. Die Kombination deiner Worte mit den Bildern, ist besonders reizvoll. DAS IST ES!
W..w (Samstag, 29 August 2020 11:48)
Das waldviertel und deine Heimat hast du wunderbar beschrieben.