Hintere Rotspitze (Cima Rossa di Saent) - Cima Mezzana
- Cima Careser
3347 / 3160 / 3186 Meter
Ortler-Alpen
9. August 2020
Autor: Jürgen
Beschreibung:
Lange Hochtour aus dem Val di Rabbi auf drei Gipfel in toller Aussichtslage auf Cevedale und Ortler: vom großen Parkplatz im Talschluß des Val di Rabbi (1.360m) zur Malga Stablasolo und über zwei Talstufen neben den mächtigen Saent-Wasserfällen aufwärts zum Rifigio Dorigoni (2.437m). Nach der Hütte am Weg Nr. 104 durch Schuttgelände zur Bocca di Saent (3.125m). Am Ostrand immer oberhalb des Gletschers haltend zuerst auf die unscheinbare Cima Mezzana (3.160m) und über den Südrücken auf die Hintere Rotspitze (3.347m). Zurück zur Scharte und hinüber zur Cima Careser (3.186m). Ab- wie Aufstieg.
Schwierigkeitsgrad: mittelschwierig (T3)
Konditionell als Tagestour anstrengend, Strecke fast 26km. Zustieg zur Bocca di Saent im etwas brüchigen Schuttgelände, eine Steilstufe etwas exponiert. Südgrat zur Hinteren Rotspitze im leichten Fels (kaum UIAA I).
Dauer: 8:00 Stunden
Höhenmeter: 2.190 Meter
Parkplatz:
Val di Rabbi, Coler
Einkehrmöglichkeiten:
Landschaft: ********* (9/10)
Kondition: ******** (8/10)
Anspruch: ***** (5/10)
Unterwegs in den Ortler-Alpen, auf der Hinteren Rotspitze / Cima Rossa di Saent (3.347m). Der Gipfel liegt im hinteren Talschluß des Val di Rabbi (Trentino) bzw. des Martelltals (Südtirol). Einen schöneren Blick auf Ortler und Cevedale kann man sich kaum vorstellen.
Es wird ein weiter Marsch heute. Anfahrt vom Etsch- über das Nonstal und Male ins Val di Rabbi und den Nationalpark Stilfser Joch. Beim Parkplatz Coler auf 1.360m latsche ich um 6:30 Uhr alleine los.
Noch sind die Temperaturen angenehm. Hinter der Malga Stablasolo (1.539m) führt der Weg an die erste Steilstufe heran. Die tollen Saent-Wasserfälle und der Geologie-Lehrpfad verstecken sich in der Schlucht.
Rückblick ins Tal, im Hintergrund mir unbekannte Berge der südlichen Ortleralpen wie z.B. Cima Tremenesca (2.882m).
Wasserfälle, Lehrpfad, diverse Almen - alles bestens ausgeschildert.
Nach der Steilstufe öffnet sich der nächste Talboden (1.750m) mit der Malga Pra di Saent.
Für die Wasserfälle habe ich frühmorgens noch nicht viel übrig - sind aber definitiv sehenswert!
Endlich einmal darf ich einen der sonst so flotten italienischen Trailläufer stauben.
Tolle Berge, die ersten 3.000er tauchen auf, wie halbrechts Cima Pontevecchio (3.179m).
Die zweite Steilstufe überwindet man auf einem steilen, leicht ausgesetzten, aber mit Stufen und Drahtseilen versicherten Steig.
Im Hochtal auf 2.150m komme ich in die Sonne.
Roman würde hier mit der Zunge schnalzen. Ein toller Tag. Im Hintergrund der Gleck (2.957m), der nun auch auf meiner kilometerlangen Liste der Tourenziele steht.
Rifugio Dorigoni in Sicht (2.437m). Ein paar Leute campen rundherum, alles ganz relaxed.
Hinter der Hütte zwei Möglichkeiten: auf Weg Nr. 101 über das Sallentjoch ins Martelltal oder, wie ich, auf Nr. 104 zur Bocca di Saent. Diese ist der Übergang auf den Gletscher (Vedretta Careser) und ins Cevedale-Gebiet zum Rif. Cevedale G. Larcher.
2.600m - die Grasmatten dünnen aus.
Hinein ins Schuttgelände. Der Weg ist gut markiert und wenig schwierig, gelegentlich braucht man die Hände fürs Gleichgewicht.
Mächtige Landschaftsformen, das Rif. Dorigoni im Tal verschwindet bereits wieder aus dem Blickfeld.
Voraus der erste Blick auf mein Tagesziel, die Hintere Rotspitze.
Reste.
Eine erwähnenswerte Steilstufe. Hier sind beim Abstieg ein paar Hüttenwanderer mit schlotternden Knie runter. Ist nachvollziehbar, weil es links runter leicht exponiert und der Weg rutschig ist.
3.000m, im Osten das Val di Rabbi und halbrechts die Brenta.
Allgegenwärtig die massige Hintere Eggenspitze (3.443m), die ich vor einigen Jahren von der anderen Seite aus dem Ultental gegangen bin.
Unschwierig hinauf auf den Kamm. Links Cima Careser, rechts Cima Mezzana.
Und rechts drüben die Hintere Rotspitze.
Bocca di Saent (3.125m), nach 3:15h im flotten Gehtempo.
Wow-Blick über den Vedretta Careser zu den Gletschergiganten Monte Vioz (3.645m) - Palon de la Mare (3.703m) - Monte Cevedale (3.769m). Jaja, der Südanstieg von Pejo steht auch schon lange auf 'der' Liste.
Kurzer Anstieg nordwärts ...
... und ich stehe auf der Cima Mezzana (3.160m). Im Hintergrund die drei Venezia-Spitzen, alles gletscherfrei erreichbar. Der einst riesige Vedretta Careser ist in viele einzelne Inseln zerfallen.
Auf dem breiten Rücken ist leicht zur Hinteren Rotspitze zu spazieren. Einige wenige größere Blöcke erfordern minimale Handarbeit.
Hochtouren haben ihren eigenen Reiz, als häufiger Sologeher halte ich mich aber in aller Regel von Gletschern fern.
Nordwand der Cima Presanella (3.558m) hinter dem Valle di Sole.
Man muss auf über 3.200m um den ersten Blick nach Norden in die Ötztaler Alpen zu erhaschen. Mächtig zeigt sich u.a. der Similaun (3.606m).
Auf 3.300m und nach über 2.000 Höhenmetern kann einem da schon leicht die Puste ausgehen.
Hintere Rotspitze / Cima Rossa di Saent (3.347m), links Hintere Eggenspitze und der Ilmenkamm.
Fantastische Gipfelpause nach 4h Zustieg hoch über dem Gramsenferner. Gleich dahinter Punta Martello (3.357m) und der Grat über die Venezia- und Zufallspitzen zum Cevedale. Rechts die aus Hauptdolomit aufgebauten Zacken von Königsspitze (3.851m), Monte Zebru (3.735m) und Ortler (3.905m).
Tief unten das Martelltal, dahinter der Laas-Marteller-Kamm (Laaser Berge). Links der Bildmitte die letztes Jahr besuchten Schild- (3.461m) und Plattspitze (3.422m). Der damalige Blick von dort herüber hat mich zur heutigen Tour inspiriert.
Eine halbe Stunde konnte ich alleine in die Ferne schauen, dann kommt eine Gruppe Italiener nach. Der Gipfel ist aufgrund der Nähe zur Bocca di Saent recht beliebt.
Ich steige am selben Weg ab und beschließe kurzerhand auch noch die Cima Careser / Karnößerspitze mitzunehmen. Die Cima Mezzana umgehe ich beim Rückweg rechts unterhalb im Schutt.
Cima Careser (3.186m), mit Blick zurück zur Hinteren Rotspitze.
Kurz habe ich in Betracht gezogen, über den links sichtbaren Kamm hinab Richtung Cima Pontevecchio und ins Val di Rabbi abzusteigen. Das wäre allerdings alles weglos gewesen. Daher retour zur Bocca di Saent, ich will ja am Nachmittag wieder am See liegen.
Hintere Rotspitze, an diesem Sommertag eine perfekte Tourenwahl. Man hat ja nicht immer Cevedale und Ortler wolkenfrei vor Augen.
Der Abstieg ist weit. Rechts wäre das weglose Gelände gewesen, am gut zusammengetretenen Steig zum Rif. Dorigoni geht das nun doch deutlich flotter.
Die leicht exponierte, rutschige Steilstufe.
Mich begleitet das charakteristische, rötlich gefärbte Urgestein.
Erfrischung im Hochtal oberhalb der Hütte.
Hubschrauber beim Rif. Dorigoni. Achja, Corona-Zeit.
Herrliche Gebirgslandschaft. Beim Abstieg unterhalb der Hütte unzählige Male: quanto dista al rifugio? Nach dem 20. Mal antworte ich nur mehr mit einem 'salve' und Handzeichen.
1.200 Höhenmeter sind es von der Hütte bis hinunter ins Tal, die ich teilweise laufe. Unter 2.000m sehr heiß. Alternativ gibt es übrigens von der Hütte einen markierten Weg, der oberhalb des steilen Bergwalds rechts den Hang entlang talauswärts verläuft - dürfte aber noch um einiges weiter sein.
Jetzt nehme ich die Gischt des Wasserfalls dankend an.
Urig. Überall liegen Sonnenanbeter im Gras an diesem Sommertag.
Wie schon oft auf diesem Blog geschrieben: die Italiener sind einfach ein bergverrücktes, wanderbegeistertes Volk.
Die unteren Kaskaden der imposanten Saent-Wasserfälle. Beim Abstieg unbedingt den Weg unterhalb der Wasserfälle nehmen.
Nach nicht ganz 8 Stunden bin ich wieder beim Parkplatz Coler auf 1.360m. Die Füße freuen sich nach 26 Kilometern über Abkühlung im Fluss, der Kopf über ein wunderschönes Bergerlebnis in den Ortler-Alpen.
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Josef (Samstag, 26 September 2020 11:10)
Selbst beim Nachlesen auf dem Handy ein Erlebnis. Hut ab, vor deiner Leistung - auf solchen Monster-Distanzen.