Cima Brenta
3151 Meter
Brenta Dolomiten
18. August 2017
Autor: Jürgen
Beschreibung:
Vom Rif. Valesinella (1.513m) in südöstlicher Richtung durch den Wald zum Rif. Casinei (1.850m) und von dort im
Angesicht des majestätischen Crozzon di Brenta zum Rif. ai Brentei (2.182m). Unterhalb der Wandflucht des Punte di Campiglio in Richtung Rif. Alimonta. Auf ca. 2.450m, nach einer kleinen
Engstelle, verlässt man den markierten Weg und steigt durch das Schotterfeld zur Südwand der Cima Brenta hinauf. Die Südwand wird über mehrere steile Stufen und auf Bändern bis zum Gipfel
(3.151m) durchklettert. Am Aufstiegsweg wieder ca. 150hm durch das 'Amphitheater' hinunter und ostwärts auf das Verbindungsband hinüber zum Klettersteig Via delle Bocchette Alte, den man nördlich des Spallone dei Massodi erreicht
(3.020m). Nun nordwärts am Klettersteig über das Garbari-Band und hinunter in die Scharte der Bocca del Tuckett (2.647m). Von dort nach Westen zum Rif. Tuckett (2.272m) und zurück nach
Valesinella.
Schwierigkeitsgrad: sehr schwierig (T5/II+, Klettersteig B/C)
Einfach bis zum weglosen Abzweig zur Cima Brenta Südwand (T2) und weglos zu den Felsen. Die unteren beiden Wandstufen
erfordern Klettern bis II+, die letzte durch das 'Amphitheater' an einer Stelle II - gute Übersicht hier (Seite auf italienisch). An vielen Stellen in der
Südwand sehr ausgesetzt und Querungen auf schmalen Bändern. Der Teil des Klettersteigs mit dem Garbari-Band ist leicht (A/B), der Abstieg zur Bocca del Tuckett mit den Brenta-typischen Leitern
durchsetzt (B/C). Probleme kann das Überholen vieler überforderter Klettersteig-Geher bereiten. Der früher übliche Abstieg zum Rif. Tuckett über den Gletscher ist meiner Einschätzung nach nicht mehr gangbar,
daher gibt es nun einen brösligen Ersatzweg.
Dauer: 8 Stunden
Höhenmeter: 1.850 Meter
Parkplatz:
Über die kostenpflichtige Mautstraße (6€) von Madonna di Campiglio zum Parkplatz beim Rif. Valesinella.
Einkehrmöglichkeiten:
Landschaft: ********** (10/10)
Kondition: ******* (7/10)
Anspruch: ********* (9/10)
Die Brenta verkörpert für mich - neben dem Karwendel - den Inbegriff des Bergsteigens. Kalkige Schroffheit, kühne Steilheit, landschaftliche Schönheit. Um allerdings den vielen Touristen etwas auszuweichen, muss man schon den Schritt hinaus ins unmarkierte Gelände wagen. Beim Anstieg auf die Cima Brenta steht man im Bann der Cima Tosa und des Crozzon di Brenta.
Wie immer geht es frühmorgens los: diesmal vom Parkplatz des Rif. Valesinella (1.513m), den man von Madonna di Campiglio über eine schmale Mautstraße erreicht.
Zuerst durch den Wald auf einem aufwändig präparierten Wanderweg. Erstes Ziel ist das Rif. Casinei auf 1.850m, in kaum 30 Minuten in zügigem Tempo zu erreichen.
Oberhalb ein Rückblick nach Westen in das Adamello-Gebiet, welches wenig später für den Rest des Tages in Quellwolken verschwand. Links die auffallende Cima Presanella (3.558m), ein Ziel für künftige Italien-Trips.
Auf etwa 2000m öffnet sich der Wald und der Wanderweg führt direkt auf den eindrucksvollen Crozzon di Brenta (3.135m) zu.
Der Wanderweg ist kurzweilig und durchquert eine Höhle.
Nach 1:20h erreiche ich das Rif. ai Brentei (2.182m), in bombastischer Lage unterhalb des Crozzon di Brenta. In der Mitte lockt der Canalone Neri, oft als eine der eindrucksvollsten Steilrinnen
der Alpen bezeichnet. Die Rinne führt sagenhafte 900hm direkt auf die Cima Tosa (3.173m), den Gruppenhöchsten.
Ich halte mich ostwärts in Richtung Rif. Alimonta. Der Weg führt unterhalb des Punte di Campiglio (2.876m) hinauf unter die Südwand der Cima Brenta - ziemlich genau in Bildmitte.
Nebem dem Crozzon di Brenta (rechts) spitzt die Cima Tosa hervor. Deren Besteigung habe ich im Juni 2015 aufgrund undurchdringlichen Nebels abgebrochen.
Die Engstelle am markierten Weg, gleich danach verlässt man den Pfad nach links.
Uff, da hinauf. 700 Meter beinahe vertikal. Ich hatte den Aufstieg vorher auf Fotos studiert. Meist schaut es in der Realität ja halb so wild aus, in diesem Fall muss ich zugeben, dass mir ein leichter Schauer über den Rücken lief. Bei genauerem Hinsehen ist aber nachvollziehbar, dass man nicht über II+ gehen muss.
Zustieg links des Schuttkegels.
Die zentrale Rampe wird, je näher man kommt, nicht wirklich flacher. Man fühlt sich hier am Fuss der Wände auch nicht als der Allergrößte.
Einstieg, aus der unmittelbaren Nähe schaut das doch gleich viel besser aus. Die erste Stufe ist in sehr steilem Gelände mit zwei Stellen II+ zu überwinden, toller Fels, Sicherungsmöglichkeiten
vorhanden.
Rückblick auf die ersten ca. 50 ausgesetzten, luftigen Meter.
Nach der ersten Geländestufe ist über ein Brenta-typisches, schmales Band nach rechts zu queren. Schmal und ausgesetzt, aber immer breit genug um Schritte zu setzen. Ziel ist der kleine
Schuttkegel in Bildmitte.
Rückblick nach der Querung. Man erkennt gut Höhe und Steilheit der ersten Stufe, die Anstiegsroute liegt in der Sonne.
Nun wird's ernst: die 'rampa centrale'.
Nach ein paar leichten Absätzen im Zick-Zack wird's steil (II+). An allen "Kehren" sind Steinmänner platziert, daher nie Orientierungsschwierigkeiten.
Rückblick aus der ausgesetzten Rampe, exponiertes und steiles Terrain. Je weiter man aber nach oben kommt, desto mehr lehnt sich das Gelände wieder zurück.
Fels und Szenerie sind von bester Qualität.
Gegenüber die Cima Brenta Alta. Die berühmte Felsnadel des Campanile Basso ist von hier leider verdeckt.
Nach der zentralen Rampe hält man sich auf einem großzügigen Band wieder nach rechts.
Gegenüber die flache Kuppe des Spallone dei Massodi (2.999m), über die der Klettersteig führt.
Nun folgt die letzte Herausforderung: das ca. 200 Meter hohe "Amphitheater". Zwar steil, aber bis auf eine Stelle II nicht schwerer als I.
Der Zustieg zum Amphitheater (II-).
Gut gestuftes Felsgelände kurz unter dem Gipfel.
Schon auf Höhe der Cima Mandron (3.040m).
Noch einige Felsabsätze und ich erreiche den Gipfel der Cima Brenta (3.151m).
Mit Stolz stehe ich auf dem zweithöchsten Gipfel der Brenta. Immer wieder ein Genuß, eine Tour, die über viele Monate im Kopf herumschwirrt, endlich absolvieren zu können. Der typische Brenta-Nebel und aufkommende Quellwolken konnten meine Freude nicht trüben.
Im Norden erkenne ich die Pietra Grande (2.936m) und das vorgelagerte Plateau des Monte Spinale, ein Teil des großen Skigebiets rund um Madonna die Campiglio.
Im Süden Crozzon di Brenta und Cima Tosa, und darunter das südlich gelegene Tal aus dem ich kam.
Quellwolken im Westen. Das Studium des Adamello verschiebe ich auf wolkenlose Bedingungen beim nächsten Mal!
Vom Cima Mandron kommen zwei Alpinisti herüber, die über meine Anwesenheit offensichtlich überrascht waren. Die beiden haben eine deutlich schwierigere Anstiegsroute von Westen gewählt und sind zudem über den Ostgipfel sowie den Ostgrat abgestiegen.
Besagter Ostgrat (II) wäre nur über eine schmale Scharte mit zwei ausgesetzten, brüchigen IIIer Stellen zu erreichen. Der Gletscher, der früher die Scharte einfacher überbrückt hat, ist völlig abgeschmolzen. Mir war's ungesichert zu haarig.
Die Alpinisti lassen sich davon nicht abhalten und haben abgeseilt. Ich habe sie auf der Bocca del Tuckett wieder getroffen.
Als Nächstes muss ich in das nördlich vom Gipfel gelegene Tal absteigen. Da es keinen Direktabstieg nach Norden gibt, nehme ich meinen Anstiegsweg bis unterhalb des Amphitheaters, und umrunde den Gipfel an der Ostseite. Ziel ist die Scharte der Bocca del Tuckett in Bildmitte.
Nach Osten weiterhin keine Sicht. Der Brenta-Nebel macht seinem Namen wieder alle Ehre.
Unterhalb des Amphitheaters nochmals ein eindrucksvoller Rückblick auf meine Anstiegsroute vom Rif. ai Brentei.
Ich halte mich ostwärts und quere auf breitem Band hinüber zum "Bocchette Alte"-Klettersteig.
Auf dem Band hinüber, der zerfurchten Westseite des Spallone dei Massodi entgegen. Gewaltige Brenta!
Ein schmäleres Stück erfordert wieder Konzentration.
Auf der Spalla di Brenta (3.020m) erreiche ich den Klettersteig, dem ich nach Norden folge.
Die Ostseite der Cima Brenta ist in Nebel gehüllt, wodurch die Ausgesetztheit des Garbari-Bands nicht zur Geltung kommt. Die Schwierigkeiten halten sich in Grenzen (A/B).
Ich hantle mich an vielen langsamen Klettersteig-Partien vorbei und nähere mich dem Abstieg zur Bocca del Tuckett. Gegenüber Cima Sella (2.913m) und Cima Falkner (2.990m).
Über viele Leitern (max. B/C) nun hinunter zur Scharte. Hier ist Geduld gefragt!
Fast schon bei der Bocca del Tuckett (2.648m). Ich hole die beiden Alpinisti ein, mit denen ich unten an der Scharte noch ein paar Weintrauben verdrücke.
Rückblick auf den letzten Abstieg am Klettersteig. Die Klettersteige sind für mich nur mässig attraktiv, da sie in erster Linie die Hütten verbinden und nur selten auf Gipfel führen.
Von der Scharte zügig westwärts hinaus zur Rif. Tuckett. Achtung: der Tuckett-Gletscher ist zu dieser Jahreszeit definitiv NICHT mehr gangbar! Es führt ein Steig am Rand der Schlucht nach unten.
An der wirklich sehr schön gelegenen Tuckett-Hütte (2.272m) stürzt man sich wieder mitten ins Halligalli.
Und in gut 1h in zügigem Tempo zurück zum Rif. Valesinella.
Schöne Waldwege leiten wieder hinunter zum Ausgangspunkt dieser abenteuerlichen Runde.
So präsentiert sich die Brenta aus der Ferne an einem Sommer-Nachmittag bei nicht ganz stabilen Bedingungen: rundherum Sonne, der Bergstock im berüchtigten "Brenta-Nebel". Ich komme jedenfalls wieder!
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Bernhard (Mittwoch, 24 Januar 2018 23:39)
Hallo Jürgen,
herzlichen Dank für deine genialen Bilder und die detaillierte Touren Beschreibung. Sie machen auf jeden Fall Lust auf mehr vom Gleichen!
LG sendet, Bernhard