Gsallkopf
3277 Meter
Ötztaler Alpen
16. September 2018
Autor: Jürgen
Beschreibung:
Mit dem MTB von Scheibe (1.390m) bei St. Leonhard im Pitztal auf der Forststraße zur Tiefentalalm (1.880m), Raddepot. Kurz dem markierten Weg am Gschwandbach entlang und auf Steigspuren geradewegs nach Westen in das Kar unterhalb des Gsallkopfs. Weglos über den Hang zum südlich des Gr. Dristkogels gelegenen Kar und über viel Schutt und Geröll zum Grat (ca. 2.980m). Am zuerst breiten Grat auf die NW-Schulter des Gsallkopfs und am Nordgrat aufwärts zu einem Felskopf, der in einer schuttigen Rinne umgangen wird (ca. 3.200m). Die letzten etwa 80 Höhenmeter in der steilen Flanke zum Gipfel (3.277m). Ab- wie Aufstieg.
Schwierigkeitsgrad: schwierig (T5/II)
Anstieg bis zum Gipfelaufbau wenig schwierig, der Zustieg zum Grat ist auf den letzten ca. 300 Höhenmetern sehr mühsam, da viel lockeres, rutschiges Geröll. Nordgrat anfangs Gehgelände, ab Umgehung des vorgelagertes Gratturms schwieriger. Umgehung T4/I, in der Steilflanke T5 mit Stellen II. Achtung bei Schnee oder Vereisung.
Dauer: 7:00 Stunden
Höhenmeter: 1.890 Meter
Parkplatz:
Weiler Scheibe an der Landesstraße.
Einkehrmöglichkeiten:
Landschaft: ********* (9/10)
Kondition: ******** (8/10)
Anspruch: ******** (8/10)
Am Gsallkopf (3.277m) im schroffen Kaunergrat, direkt gegenüber die beeindruckende Rofelewand (3.353m) und im Süden die Gletscher rund um die Wildspitze (3.768m). Beeindruckende Giganten.
Morgendliche Anfahrt ins Pitztal, Start in Scheibe direkt an der Landesstraße (1.390m), etwas hinter St. Leonhard.
Rund 500 Höhenmeter zieht sich die Forststraße in vielen Serpentinen durch den steilen Wald hinauf zur Tiefentalalm (1.880m). Die Straße selbst ist wenig aussichtsreich, umso beeindruckender ist das sich am steilsten Teilstück öffnende Panorama kurz vor der Alm - da blieb mir gleich doppelt die Puste weg.
Raddepot bei der Tiefentalalm, danach zu Fuß am Karrenweg weiter bis zu dieser Hütte. Im Hintergrund der Hairlacher Seekopf im Geigenkamm (3.040m).
Ich wandere in das Kar hinein, direkt vor der atemberaubenden Kulisse der Rofelewand links und des Gsallkopfs rechts. Anfängliche Steigspuren verlaufen sich bald.
Wow, der Gsallkopf ist eine beeindruckende Gestalt. Oben schon ganz klein das Gipfelkreuz, rechts vom Gipfel der zu umgehende größere Gratturm.
Das Kar steilt auf, rechts haltend aufwärts.
Rofelewand im Morgenlicht.
Ein kleiner Schwenk nach rechts führt in das Kar südlich des Gr. Dristkogels (3.058m).
Auf ca. 2.400m betrete ich das langgezogene Kar. Es ist noch ein Stück bis zum Grat (geradeaus) bzw. zum Gipfel (ganz links).
Höhenmeter um Höhenmeter, hier noch im stabilen Gras-Schutt-Gelände.
Ab ca. 2.700m mache ich Bekanntschaft mit dem sehr mühsamen Karanstieg, der einer Zwei-Schritte-vor-ein-Schritt-zurück-Schotterreise im Karwendel um nichts nachsteht. Es empfiehlt sich, die breite Scharte links der Bildmitte anzusteuern.
Dafür sorgt die Landschaft für ein paar Juchezer. Ein paar Highlights im Geigenkamm: links der Fundusfeiler (3.007m), mittig Blockkogel (3.097m) und Plattigkogel (3.089m).
In die andere Richtung mehr Schnaufen als Juchezen, echt mühsam im Pilgerschritt aufwärts.
Im Aufstieg hantle ich mich über diese Rinne aufwärts.
Fast jeder Schritt ein Rutscher, aber alles geht vorbei.
Endlich am Grat (2.980m). Vorne der sehr eindrucksvolle Gr. Dristkogel (3.058m). Dessen Südgrat ist meines Wissens nicht ohne erhebliche Kletterschwierigkeiten gangbar.
Blick nach Nordwesten Richtung Landeck und Lechtaler Alpen, u.a. mit der Parseierspitze (3.036m). Rechts der Bildmitte die grasbewachsene Glanderspitze, höchster Punkt des Venet (2.512m). Im linken Bildteil im Dunst der Hohe Riffler (3.168m) im Verwall.
Ab hier eine kleine Gratpartie, nun bei etwas stabilerem Untergrund. Links der Galruttferner, über den der Alternativanstieg aus dem Kaunertal heraufführt, dies ist auch die häufiger begangene Skitourenroute.
Auf der Nordwest-Schulter (ca. 3.060m) der erste Frontalblick auf den monumentalen Gipfelaufbau des Gsallkopfs. Muss im Winter ein besonderes Erlebnis sein, ist aber auch im Sommer beeindruckend genug.
Zoom auf den nahezu senkrechten Gipfelaufbau, links der vorgelagerte Gratturm.
Unschwierig am Grat entlang. Der frühere Firngrat ist verschwunden, letzte steile Gletscherreste werden nicht berührt.
Tolles Ambiente mit den steilen Plattenfluchten in der Nordostwand.
Prächtiger Herbsttag am Kaunergrat. In der Ferne die Stubaier Gletscherriesen.
Diesen Aufschwung umgeht man einfach im Schuttgelände. Rechts der Brehnkogel (3.025m).
Gleich wird's spannend.
Zustieg über die breite Nordwest-Schulter.
Man liest ja, dass am Gsall wenig bis nichts los ist, am meisten noch im Frühjahr. An diesem schönen Herbsttag treffe ich oben zwei Einheimische, die vom Kaunertal angestiegen sind und gerade aus der Gipfelwand aussteigen.
Westliche Umgehung des Gratturms (T4).
Ohne Schwierigkeiten, der Gleichgewichtssinn ist ja schon geübt.
Nach der Umgehung Einstieg in eine bröselige Rinne (I). Im Geiste stelle ich mir den Anstieg bei Schnee vor. Statt des Brösels wäre der Zustieg bei Schnee im unteren Teil sicher angenehmer, ab den Felsen aber ist ein Durchstieg der Steilflanke im Schnee sicher nicht jedermanns Sache.
Man kommt aus der Rinne von links zum Nordgrat herauf. Das direkte Überklettern des Gratturms wäre eine andere Hausnummer.
Ein paar Stellen II in annehmbarer Felsqualität. Mich erinnert der Zustieg an den Normalweg auf den Acherkogel, es ist aber deutlich kürzer.
Ein zweiter kleinerer Gratkopf, den ich seitlich im Fels überwinde. Alternativ könnte man auch hier durch eine Rinne links umgehen. In Summe schon ausgesetzter als beim unteren Gratturm.
Letzte irrelevante Schneereste von der Kaltfront Anfang September. Bei Vereisung wäre der Anstieg heikel.
Die letzten 30 Meter, gerade diese Passage direkt unter dem Gipfel ist sehr steil und bei Schnee mit Sicherheit die heikelste. Im Fels geht man im leichten Zick-Zack nach links oben hoch, wiederum mit kurzen Stellen II.
Gsallkopf (3.277m). Das Panorama... unbeschreiblich!
Ich unterhalte mich ein Weilchen mit den beiden Einheimischen, anschließend genieße ich das kaum schlagbare Panorama. Gegenüber die Rofelewand (3.354m), deren Besteigung über die so genannte "Eisrinne" bereits im Frühjahrs-Tourenkalender steht.
Die Beiden beim Abstieg durch die steile Nordflanke, hier beim oberen, kleineren Gratturm.
Im Süden der Schweikertferner, am Horizont rechts die Wildspitze (3.768m), links der Gr. Ramolkogel (3.549m) und viele weitere Gletscherberge der Ötztaler Alpen.
Verpeilspitze (3.423m), Watzespitze (3.532m) und Schwabenkopf (3.378m), im Kaunergrat warten unzählige Herausforderungen auf den anspruchsvollen Bergsteiger.
Tiefblick zum Raddepot bei der Tiefentalalm, hinter dem schmalen Pitztal der nördliche Geigenkamm. Am Horizont reicht der Blick bis zur Zugspitze und in die Sellrainer Berge, schemenhaft ist sogar das Karwendel erkennbar (Birkkarspitze in 64km Luftlinienentfernung).
Das Foto mit Gsall und Rofelewand kriegt bei mir einen Sonderplatz im Archiv :)
Abstieg.
Vorsichtig runter. Eine vereiste Nordflanke stelle ich mir nicht besonders lustig vor, rechts und links pfeift's gach obe.
Etwa 1.400 Höhenmeter sind's zum Raddepot, die meisten davon aber einfach.
Wieder im flachen Gelände, hinab auf die Nordwest-Schulter.
Rückblick auf den tollen Gipfel.
Lang zieht sich der Kaunergrat nach Norden. Auch der Gr. Dristkogel, den man von Norden in Verbindung mit dem Kl. Dristkogel ersteigen kann (bis III), steht nun am Wunschzettel.
Am breiten Grat abwärts.
Ab ins Rutschgelände. Vorsichtig zwischen/auf/neben (jedenfalls nicht unter) den großen Felsbrocken abwärts, besser langsam als ein Knöchelbruch.
Nach etwa 300 Höhenmetern stabilisiert sich der Untergrund wieder.
Ab hier wieder traumhafter, einsamer Abstieg. Auf Pitztaler Seite habe ich oberhalb der belebten Tiefentalalm weit und breit niemanden gesehen.
Hier könnte man es auch im Winter gut stauben lassen.
Unterhalb vom Seekögele, schaut nach einem herrlichen Rastplatz aus. Ich musste mich aber sputen, denn ich hatte für den Nachmittag Karten für die Kletter-WM.
Auch in tieferen Gefilden ist jeder Stein ein potenzielles Skateboard nach unten.
Rofelewand und Gsallkopf, ich komme wieder!
Spätsommer in den Ötztaler Alpen. Ein paar Minuten Pause mussten an diesem wunderbaren Fleck aber dann doch noch sein.
Die restlichen 500 Höhenmeter erledigt das Bike.
Wenige Minuten später bin ich wieder im Tal. Bei solchen Touren kann man nur auf einen schönen, stabilen Herbst hoffen - kommendes Wochenende erwartet uns aber wohl leider erst einmal ein Gruß von den Eisbären.
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