Mitterkarlspitze - Hahnkampl - Gramaijoch

2418 / 2080 / 2017 Meter

Karwendel

19. September 2020

Autor: Jürgen

 

Beschreibung:

Langer Weg über den Karwendelhauptkamm vom Inntal in die Gramai inklusive eines Karwendelgipfels mit besonderer Note: vom Ausgangspunkt Ghf. Karwendelrast am Vomperberg (830m) hinein in das Vomperloch zur Jagdhütte Zwerchloch (1.030m). Langer Anstieg durch das Lamskar und über eine breite Rampe zur Südflanke der Mitterkarlspitze (2.230m). Durch sehr steile Schrofen zu Vor- und Hauptgipfel (2.418m). Abstieg zurück ins Lamskar und via Lamsscharte (2.270m) zur Lamsenjochhütte (1.953m). Weiter Richtung Westl. Lamsjoch und zum Hahnkampl (2.080m) sowie via Binssattel zum Gramaijoch (2.017m) und am Hochleger vorbei hinab in den Gramaier Grund (1.263m).

 

Schwierigkeitsgrad: sehr schwierig (T5/II)

Gesamtstrecke rund 22km. An den Steilstufen versicherter Aufstieg ins Lamskar (T3). Die Südflanke der Mitterkarlspitze ist außerordentlich steil (T5), hierfür hohe Trittsicherheit erforderlich. Leichte Kletterei am oberen Grat bis II. Übertritt über die Lamsscharte versichert (T4). Hahnkampl und Gramaijoch stellen keine besonderen Anforderungen (T3).

 

Dauer: 7:45 Stunden

Höhenmeter: 2.040 Meter

 

Parkplatz:

Beim Ghf. Karwendelrast; Abholung an der Gramaialm ist zu organisieren

 

Einkehrmöglichkeiten:

Lamsenjochhütte

Gramaialm

 

Landschaft:  ********* (9/10)

Kondition:      ******** (8/10)

Anspruch:       ******** (8/10)



Ein einsamer Steinmann markiert den Gipfel der Mitterkarlspitze (2.418m) im östlichen Karwendel, das Hauptziel meiner Überquerung des Karwendelhauptkamms. Belebte Ziele wie die rechts sichtbare Lamsenspitze (2.508m) sind nah, aber doch unwirklich fern.

 

Ein langer Weg liegt vor mir. Um 6 Uhr morgens lege ich am Vomperberg los (830m), mein Ziel ist die Gramai. Dieses Mal 'schummle' ich mich aber über die Lamsscharte und gehe nicht den noch deutlich weiteren Weg über Huderbankspitze und Hochglück

 

Immer wieder ein Erlebnis: der Weg an der Melansalm vorbei in das innere Vomperloch. Es herbstelt bereits deutlich Mitte September.

 

Nach der Jagdhütte und etwas mehr als 1:30h öffnet sich das Zwerchloch. Mittig oben zeigt sich mein heutiges Hauptgipfelziel, die Mitterkarlspitze. Links führt die 'Schafkarstiege' ins Schafkar, ich halte mich rechts am markierten Wanderweg in Richtung Lamskar.

Das wird interessant heute. Aus der Ferne schauen die Steilschrofen der Südflanke ungangbar aus.

 

Das nächste Mal wird es dann linkerhand ins Schafkar hinaufgehen, ein Projekt fürs nächste Jahr.

  

Dafür liebe ich das Karwendel. Zerklüftete Kleinräumigkeit paart sich mit Weite. Schritt für Schritt neue Perspektiven.

 

Mit "Weite" ist der Anstieg Richtung Lamskar gut charakterisiert. 

 

An diesen Steilstufen helfen einige Versicherungen. 

 

Bestens in Schuss.

 

Ich komme in das obere Lamskar. Gute 3h bei flottem Gehtempo.

  

Links taucht die breite grasige Zustiegsrampe auf. Über diese geht es zum Ansatzpunkt der Südflanke.

 

Erste Klettersteigler kommen von der Lamsenjochhütte aus dem Brudertunnel herauf ins Lamskar, rechts der schwierige Lamsenhüttenturm (2.216m).

 

Am Ende der Grasrampe, scharf nach rechts gedreht. Hier könnte man bei bestem Fels in den Südostgrat einstiegen. Bin aber mit Trailrunningschuhen unterwegs und oben wartet lt. Berichten eine IIIer Abkletterstelle (ein anderer nach meiner Tour erschienener Bericht spricht aber nur von II).

 

Um die Südflanke zu erreichen steige ich durch eine seichte Rinne ab.

 

Jetzt zeigt sich die Schrofenflanke in voller Pracht. Steilheit stellt sich in Natura meistens noch einen Tick intensiver dar. Die Route folgt den die Schrofen in Bildmitte bis hinauf zu den etwas flacheren Grasflächen.

 

Die Querung geht problemlos. Auf leichten Trittspuren geht es nun die wahrlich steile Flanke hinauf.

 

Die einzige Markierung. Die weitere Route ergibt sich intuitiv.

 

 Querung nach links oben. 

 

Aufwärts für mich subjektiv keine besonderen Schwierigkeiten. Die Herausforderung ergibt sich durch die Ausgesetztheit in Verbindung mit dem Schutt und den nicht immer stabilen Graspolstern.

 

Felsigere Passagen geben mehr Sicherheit.

 

Am Südgrat.

 

Letzte Querung hinaus zu den oberen Grasflächen. Max. I, ausgesetzt.

Hier hat man das Wildeste hinter sich.

 

Bizarre Formen am oberen Südostgrat.

 

Der Vorgipfel kommt in Sicht. 

 

Rechts unterhalb dockt der Südostgrat an. Durch den zerklüfteten Charakter sind die tatsächlichen Schwierigkeiten schwer abschätzbar. Wenn man will, kann man vom Südostgrat durch die tieferen östlichen Schrofen direkt zum Hauptgipfel ansteigen, oder man geht wie ich über den Vorgipfel. 

 

Vorgipfel der Mitterkarlspitze.

 

Der Hauptgipfel zeigt sich ein Stück weiter nördlich. Entweder man bleibt am Grat (Stellen II, recht fest) oder umgeht links wenige Meter unterhalb.

 

Durchblick zur Lamsenspitze, wo schon einige Leute am Gipfel hocken.

Der letzte unschwierige Schrofenhang.

 

Mitterkarlspitze (2.418m), wieder einmal ein spezieller Karwendelgipfel. 

 

Besonders spannend: einerseits der Nordgrat der Mitterkarlspitze, der von der Mitterkarlscharte heraufzieht (III); andererseits die Südwand der Schafkarspitze durch die lt. altem AVF eine IIIer-Route führen soll. Schaut sehr wild aus. Rechts die Mitterspitze, deren Brüchigkeit nicht zu unterschätzen ist (siehe Bericht).

 

Eine gute Stunde genieße ich die Einsamkeit auf der Mitterkarlspitze, während gegenüber auf der Lamsenspitze geschätzt 100-150 Leute auf- oder absteigen. Mit dem Hochnissl vor mir beginne ich den Abstieg, denn der Weiterweg in die Gramai ist noch lang.

 

Am Rückweg nehme ich den direkten Grat. Fester Fels, Stellen II.

 

Selbiges wiederholt sich hinüber zum Vorgipfel.

  

Die Gesteinsformen sind gewaltig.

 

Abstieg vom Vorgipfel, anfangs sind die Schrofen noch nicht besonders steil.

 

Das ändert sich, hier die ausgesetzte Ier Querung. 120% Trittsicherheit!

 

Obwohl ich ein Karwendel-Liebhaber bin, bin ich kein großer Fan dieser Steilschrofen. Das tiefe Stollenprofil der Speedcross-Schuhe ist aber perfekt für diesen Untergrund, mit klassischen Bergschuhen hätte man hier bei weitem nicht so guten Grip. 

 

Und wieder flach herübergequert. 

 

Zurück auf der Grasrampe. Nächste Zwischenetappe: die Lamsscharte. 

 

Weglos quere ich das Lamskar. Im Rückblick tritt der hervorragende Fels der Mitterkarlspitze zutage. Durch die Wand in Bildmitte führen einige Kletterrouten.

 

Zahlreiches Publikum am Weg von und zur Lamsenjochhütte. Ungewohnt nach den vielen Stunden in völliger Einsamkeit zuvor.

 

Erster Blick in den Gramaier Grund. Es ist punkt 12 Uhr und ich habe noch 2 Stunden Zeit bis zum vereinbarten Treffpunkt mit meinem 'Abholdienst'.

 

Also flott die Reis'n runter. 

 

Lamsenjochhütte (1.963m) am Fuße des Schafjöchls (2.157m).

 

Heute ist die Querung hinüber zum westlichen Lamsenjoch kein Problem, im Mai verwehrten mir schneegefüllte Rinnen den Weiterweg.

 

Vom westlichen Lamsenjoch (1.940m) ist es nur ein kurzer Sprung ... 

 

... am breiten "Grat" zum ... 

 

... gut frequentierten Gipfel des Hahnkampl (2.080m). Hier halte ich mich nicht lange auf. 

 

Kurz entschlossen beschließe ich noch hinunter zum Binssattel und zum gegenüberliegenden Gramaijoch zu brausen. Ab hier begleitet mich der Blick zum Gamsjoch und in die Eng. 

 

Im Osten der Dristenkopf (2.005m) sowie das Rofan.

 

Dank leichtem Gepäck benötige ich nur 20 Minuten zum ... 

 

... Gramaijoch (2.017m).

 

Bei solchen Touren beeindruckt mich immer wieder, wie weit man in nur wenigen Stunden kommen kann. Gestartet bin ich 6 1/4 Stunden vorher auf der anderen Seite des Hochnissl, im Bildhintergrund etwas rechts der Bildmitte erkennbar.  

 

Im Angesicht des wuchtigen Sonnjochs (2.457m) visiere ich nun den Gramaialm-Hochleger an. 

 

Da ich heute schon Steilgras geübt habe, ist der direkte Abstieg in den Kessel auch rasch überwunden.

 

Gramaialm-Hochleger (1.756m) mit kleiner Gastwirtschaft. 

 

Im Laufschritt hinab in den Gramaier Grund.

 

Perfektes Timing bei der Ankunft an der Gramaialm (1.263m). 

 

Wir genießen unser gemeinsames Mittagessen, zur Feier des Tages gönne ich mir dann noch eine Extraportion Kuchen. Lässiger Tag im Karwendel und mit der Mitterkarlspitze ein feines Schmankerl!

 


Kommentar schreiben

Kommentare: 0