Hohe Fürleg, Überschreitung von Ost nach West
2.571 Meter
Karwendel
11. Juni 2017
Autor: Jürgen
Beschreibung:
Von der Hinterhornalm (1522m) auf unmarkiertem kleinem Steig westwärts Richtung Leckrinne, über einen Rücken zum Ansatz
der Felsen südwestlich des Hundskopf (ca. 1950m) und in der Leckrinne empor zur Mannl-und-Weibele-Scharte (2180m). Über den Kamm Richtung Westen auf markierter Route stetig ansteigend über
Trattenspitze (2438m), Walderkampspitze (2565m) und weiter zur Hohen Fürleg (2571m), dem höchsten Punkt der Runde. Von dort hinunter in das Fallbachkar, auf einer ausgesetzten Querung zur
Kleinen Wechselspitze (2100m) und über die versicherte Nagelwand zur Wechselscharte (1760m). Danach nicht die westseitige Fahrt über die gewaltige Wechselreise und auch nicht hoch zur
Hüttenspitze, sondern Richtung Osten in die Schlucht hinunter zum Fallbach und neben 2 Wasserfällen absteigend hinaus zur Schaferhütte auf ca. 1.260m. Zu guter Letzt leicht ansteigend zurück zur
Hinterhornalm.
Schwierigkeitsgrad: schwierig (teilweise markiert/T5+/II+)
Die Runde besteht aus vielen Teilstücken mit wechselnden Schwierigkeitsgraden. Der einfachste Teil ist
die Überschreitung am Grat
selbst zwischen Hundskopf und Hoher Fürleg, welcher 3 kleinere Kletterstellen aufweist (I+ bis II-, sonst meist
Gehgelände), sowie die Wanderung auf dem schönen Waldweg von der Schaferhütte zurück zur Hinterhornalm. Dazwischen liegt die Durchsteigung der Leckrinne (eine
kleingriffige Stelle II+), der Abstieg von der Hohen Fürleg ins Fallbachkar (II-, sehr schuttig) und weiter von der Kleinen Wechselspitze zur Wechselscharte (mehrere Stellen II), sowie der
abenteuerliche Abstieg durch die Fallbachschlucht (T5+, das Abklettern direkt an den jeweils ca. 10m Wasserfällen wäre III, habe ich aufgrund der Nässe aber
unterlassen).
Dauer: 6 Stunden
Höhenmeter: 1350 Meter
Parkplatz:
Via Mautstraße (€4,50) zur Hinterhornalm, dort großer Parkplatz.
Einkehrmöglichkeiten:
Landschaft: ********* (9/10)
Kondition: ********* (9/10)
Anspruch: ******** (8/10)
Der Grat zur Hohen Fürleg an einem Traumtag im Juni.
Los geht's an der Hinterhornalm auf 1.522m an einem frühmorgens schon gut besuchten Parkplatz. Während sich alle auf
den gut markierten Normalweg hoch zum Hundskopf einreihen, wende ich mich westwärts und quere in morgendlicher Ruhe entlang der Südwände des Hundskopf flach nach Westen.
Blick von unten auf die Trattenspitze (2.438m), dem ersten Gipfelziel der Überschreitung.
Nach wenigen 100 Höhenmetern ist der Felsansatz erreicht und man quert auf ca. 1950 Metern links hinein in den oberen
Teil der Leckrinne. Hier der Blick zurück zum ersten Teil des Anstiegs von der Hinterhornalm.
Von unten betrachtet offenbart die Rinne soliden Fels und moderate Steilheit. Beiderseits ragen beeindruckende Felsfluchten auf. Achtung auf Steinschlag und auf trockene Verhältnisse. Bei meiner
letzten Begehung im Dezember 2016 hatte ich mit einer höchst unangenehmenen Eisschicht zu kämpfen, Mitte Juni 2017 präsentiert sich die Rinne aber trocken und mit nur minimalen Resten von
Lawinenschnee.
Nach etwa der Hälfte der Rinne steilt das Gelände auf und es folgt der schwierigste Teil der Durchsteigung. Hier die ca. 20m hohe Stelle von oben im Rückblick, ich beurteile diese durch die
Kleingriffigkeit und Brüchigkeit mit knapp II+. Danach geht's wieder leichter über etwas abschüssige Schrofen hoch zur Scharte.
An der Scharte angekommen eröffnet sich ein fantastischer Ausblick in die Steilflanke des Hundskopfs sowie in das Vomper Loch. Hier könnte man in wenigen Minuten über den versicherten
Klettersteig zum Gipfelkreuz gelangen. Achtung: am nordseitigen Steig rund um den Hundskopf gibt es Mitte Juni 2017 im stark abschüssigen Gelände noch kleinere Restschneefelder - hier sind einige
Personen vernünftigerweise umgekehrt!
Ich wende mich aber nach Westen und nehme den Aufschwung über die Tratten zur Trattenspitze.
Nach viel Gehgelände und Möglichkeit zum Genießen des atemberaubenden Panoramas zieht der Aufschwung hoch zur Trattenspitze (I+, trockene Verhältnisse ratsam).
Auf der Trattenspitze, 2.438m, mit Blick zum bisherigen Anstieg. Im Hintergrund der auch heute wieder sehr gut besuchte Hundskopf.
Ich verlasse den schönen Gipfel und folge dem meist einfachen, immer gut markierten Grat in Richtung Walderkampspitze und Hohe Fürleg. Trittsicherheit ist natürlich Standard bei dieser Tour. An
wenigen Stellen ist der Gebrauch der Hände erforderlich.
Nach kurzem Weiterweg stehe ich nach etwas mehr als 2h nebem dem Gipfelkreuz der Hohen Fürleg, 2.571m.
Hier der Weiterweg: es geht hinunter in das Fallbachkar zur Kleinen Wechselspitze, dem kleinen Sporn links der
Bildmitte.
Der Abstieg in das Fallbachkar wurde durch pickelharte Schneefelder etwas erschwert. Ich bin diese Passage bisher nur im Aufstieg gegangen, im Abstieg erfordert die überall präsente Schuttauflage ein gemässigtes Tempo.
Dafür entschädigen die Altschneereste mit einer raschen Abfahrt in den Karboden. Dort angelangt geht es durch das wunderschöne Kar eben hinaus zur Kleinen Wechselspitze.
Der Abstieg von der Hohen Fürleg im Rückblick.
Die Querung folgt einem Band, welches sehr ausgesetzt aber mit akzeptabler Breite hinüberleitet. Technisch einfach, aber Schwindelfreiheit ist ein Muss.
Vorne beim kleinen Gipfelkreuz erwartet mich zufälligerweise Andi, den wir im vergangenen Herbst bereits am Rosskopf im Halltal getroffen haben.
Nach einem kurzen Ratscher durfte ich Andi in voller Aktion beim Direktaufstieg auf den Südgrat der Großen Wechselspitze zusehen. A wuida Hund! Hier im Bild ist er kaum zu finden...
Weiter geht's in der Rinne hinunter zur Wechselscharte. Unten der Gipfel der Hüttenspitze, die ich diesmal aber ausgelassen habe.
Der Klemmblock in der Rinne.
Die steile, seit einigen Jahren gut versicherte Nagelwand hinunter. Hier frage ich mich jedesmal, mit welchem Mut die Karwendelfexen früher diese extrem ausgesetzte Wand durchstiegen haben mögen.
Anstatt nun direkt von der Wechselscharte Richtung Westen die mächtige Wechselreise über 700 hm abzufahren, oder alternativ nach Süden 100 hm zur Hüttenspitze an- und von dort über den Normalweg abzusteigen, verlasse ich die Scharte nach Osten und steige direkt in die Schlucht Richtung Fallbach ein. Hier geht es 500hm direttissima in beeindruckender Umgebung hinunter.
Der Ausgang der Schlucht links, mit dem Wasserfall aus dem fast 1000 hm höher gelegenen Fallbachkar. Ab hier dreht die weglose Route nach Süden.
Blick zurück in die gigantische Schlucht des Fallbachs. Anstatt direkt neben den Wasserfällen abzuklettern (III), nutze ich aufgrund der Nässe die Umgehungsmöglichkeiten. Da ich diese Route schon mehrfach gegangen bin, lotst mich meine Ortskenntnis effizient neben den Wasserfällen (orographisch links) nach unten.
Etwas oberhalb der Schaferhütte kann man die Schlucht verlassen und von dort geht der markierte Weg ostwärts am Fuße des Massivs zurück. Man quert wiederum beeindruckende Wandfluchten unterhalb der Hohen Fürleg.
In der Mittagshitze sind nach etwa sechs Stunden etwas ärgerliche 200hm Gegenanstieg bis zur Hinterhornalm zurückzulegen, wo sich diese wunderbare Runde schließt.
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Andreas (Dienstag, 13 Juni 2017 12:16)
Gewaltig! Bin die Runde letztes Jahr in entgegengesetzer Richtung über Normalwege gegangen.
Super Bericht!
Eichelberger Mike (Dienstag, 13 Juni 2017 18:20)
Gratulation zu deinen lässigen Touren Jürgen!
Vor allem aber auch ein Danke zu den ausführlichen Beschreibungen.
Die Abstiegsvariante neben dem Fallbach ist hochinteressant, selbst schon überlegt, aber noch nie gemacht - wird Zeit, danke für den Ansporn!
Hannes (Samstag, 18 Mai 2019 12:36)
Hallo!
Super Touren macht ihr!! Mich würde der Weg zur Leckrinne interessieren. Ist dieser Weg erkennbar wenn man ihn noch nie gegangen ist?
Jürgen (Sonntag, 19 Mai 2019 19:29)
Servus Hannes,
danke! Etwas Gespür brauchts, schwierig ist die Wegfindung aber nicht. Lt Karte ist die Leckrinne eigentlich eine Rinne weiter westlich. Um meine Route nachzugehen, von der Hinterhornalm dem nach Westen verlaufenden, gut ausgeschnittenen Steig oberhalb der Straße folgen bis zur Reise knapp westlich der Falllinie des Hundskopfs. Dort rauf und auf einem versteckten, steilen Steig auf den Gipfelaufbau zu. Dort wo man an der Wand ansteht nach links in die Rinne queren und hinauf zur Mannl-und-Weibele Scharte.
Gruß