Rosskopf über Südostgrat

2670 Meter

Karwendel

18. Juni 2017

Autor: Jürgen

 

Beschreibung:

Vom Parkplatz in Absam (780m) führt die Route zuerst mit dem Bike hinein in das Halltal und teilweise sehr steil an den Herrenhäusern vorbei zum Issjöchl (1.668m) und mit etwas Höhenverlust in den Issanger (1.630m), dort Raddepot. Per Pedes auf Trittspuren hoch durch die Stempelreise und weglos zum Wilde-Bande-Steig (ca. 2.060m), dem man wenige hundert Meter Richtung Lafatscher Joch folgt. Auf Höhe des Vorderen Kälberkarls verlässt man den Wanderweg und steigt über einen Schrofenrücken (wahlweise auch über die Reise) zum Einstieg der Rinne (2.250m). Diese leitet steil auf einen Sattel oberhalb des ersten Aufschwungs (ca. 2.380m). Danach meist nahe des Grats zu einer Scharte beim Vorgipfel (2.580m) und weiter zum Gipfel (2.680m). Nach Süden einschwenkend bringt man am Grat mehrere Ab- und Aufschwünge hinter sich, um über die Große (2.543m) die Kleine Stempeljochspitze zu erreichen (2.529m). Weiter nach Süden auf nun markiertem Weg zum Stempeljoch (2.215m) und die Stempelreise hinunter zum Raddepot und zurück nach Absam.

 

Schwierigkeitsgrad: sehr schwierig (großteils unmarkiert und weglos, Kletterei bis III-, oft ausgesetzt, teilweise sehr brüchig)

Steile Auffahrt mit Bike in den hinteren Talschluss des Halltals. Ab Raddepot weglos zum Gratansatz und von dort in steiler, karwendeltypischer Umgebung (brüchige Rinnen, steiler Grat mit ausgesetzten Passagen, viele Stellen II/II+, einzelne Stellen III-) zum Gipfel. Felsqualität bessert sich mit der Höhe. Schöner Gratübergang Richtung Stempeljochspitzen meist I, Stellen II (einmal II+). Ab dort deutlich leichter zum Stempeljoch (T2), danach steil vom Joch zur Stempelreise und weglos zurück zum Rad.

 

Dauer:  7 Stunden

Höhenmeter: 2.135 Meter

 

Parkplatz:

Kostenloser Parkplatz Sprungschanze bei Absam (780m).

 

Einkehrmöglichkeiten:

Alpengasthaus St. Magdalena (1.287m)

 

Landschaft:  ********** (10/10)

Kondition:    ********* (9/10)

Anspruch:    ********* (9/10)



Vom Parkplatz Sprungschanze fährt man am Forstweg leicht steigend zur Bergerkapelle und wechselt dann auf Asphalt auf die Halltalstraße. Hier die Steigung beim Bettelwurfeck, bei der man sich gleich am Anfang konditionell vernichten kann.

 

Oberhalb der Abzweigung nach St. Magdalena wechselt der Belag wieder auf Schotter und bei der Fahrt (tlw. Schieben) hoch zum Issjöchl eröffnen sich wunderbare Rückblicke wie hier zur Hüttenspitze.

 

Nach etwa 1:30h Raddepot am Issanger (1.630m) und von dort hoch in der Stempelreise.

 

Die Hoffnung auf ein schnelles Aufreissen der Wolken war leider verfrüht, die Morgenstimmung hatte aber das gewisse Etwas.

 

Am Ende des Schneefelds hier weglos hoch zum Wilde-Bande-Steig (2.050m), dann weiter nach rechts Richtung Lafatscher Joch zum Ausgang des Vorderen Kälberkarls.

 

Beim Bachlauf verlässt man den Steig und das Abenteuer beginnt. Zuerst sind rund 200hm zu einem Rinneneinstieg zurückzulegen. Man hält sich am besten am rechten Rand der Reise (im Aufstiegssinn), wo man wenig oberhalb nach rechts auf einen begrünten Rücken steigen kann.

 

Hier der begrünte Rücken schon beim rausqueren Richtung Einstiegsrinne. An geeigneter Stelle sind ein paar Meter in die Reise abzuklettern. Masochisten können natürlich auch den Direktanstieg in der Reise nehmen.

 

Der Rinneneinstieg. Von hier geht es in zunehmender Schwierigkeit und Steilheit auf eine Einschartung oberhalb des ersten Gratabbruchs. Die ersten paar Dutzend Höhenmeter bieten feine Kletterei im stabilen, ausgewaschenen Fels.

 

Die Gesteinsqualität nimmt in der Rinne mit der Höhe rapide ab und Steinschlag stellt einen ernsten Faktor dar. Das orange-gelbe Störzonenmaterial ist allgegenwärtig. Gruppen sollten hier eng zusammen bleiben, man sollte auch ein Auge auf eventuelle Nachsteiger haben.

 

Man erreicht nach etwa 100hm über mehrere brüchige Stufen (II bis III-, teilweise gut zu spreizen) eine Gabelung, wo man aus 2 unangenehmen Optionen wählen kann: links eine stark aufsteilende Schuttrinne, noch brüchiger als zuvor, aber relativ eng und somit Sicherheit gebend; rechts ein lehmig-schuttiger, leicht hängender Ausstieg, über dessen weiteren Verlauf ich mir nicht im Klaren war. Ich wähle die linke Option. Die Schneereste stören hier nicht.

 

Nach dem steilen Aufschwung hier Rückblick, für mich die unangenehmste Stelle im gesamten Aufstieg. Steiles Terrain, Bruchmaterial überall, die Belastbarkeit von Griffen und Tritten ein Ratespiel, das Abtreten von größeren Steinen lässt sich kaum vermeiden. Hier ist konzentriert zu steigen, um keinen Abgang rückwärts zu machen.

 

20 Höhenmeter weiter ist die Rinne durchstiegen und man gelangt an den Grat. Der offene Blick auf den Doppelgipfel der Vorderen Bachofenspitze erfreut das Herz.

 

Nach links gewendet wartet gleich ein Aufschwung, nun in schlagartig besserem Fels. Man überwindet diesen nach links über eine ausgesetzte Querung, es hat aber ausreichend gute Tritte.

 

Darüber wartet ein kurzer zahmerer Gratabschnitt, und es beginnt der wirklich schöne Teil über die letzten ca. 300hm. Man hält sich knapp am Grat, rechts geht es mehrere hundert Meter hinunter in das Bachofenkar.

 

Rückblick auf den einfacheren Abschnitt.

 

Ab ca. 2.450m steilt der Grat wieder auf und es warten mehrere Aufschwünge in bestem Fels. Man kann etwas variieren, wenn man direkt am Grat bleibt warten Stellen bis II+, mitunter recht luftig. In dieser Tonart geht es bis zur Höhe des Vorgipfels weiter (der runde Kopf rechts). Für mich der schönste Teil.

 

Man erreicht die Scharte zwischen Vor- und Hauptgipfel und hat von hier noch rund 100hm in leichterem Klettergelände zurückzulegen. Oben flacht es ab und man nähert sich dem Gipfelbereich.

 

Etwa 1:35h nach Verlassen des Wilde-Bande-Steigs, und einer Gesamtanstiegszeit von 3:45h ab Parkplatz erreiche ich den Gipfel des Rosskopf (2.670m). Ich war über die Route über Tourenberichte im Internet ganz gut informiert (besonders zu empfehlen: Rainer Antretter mit seiner Website), musste jedoch vor allem im oberen Teil immer wieder auskundschaften und probieren.

 

Meine Wenigkeit am Gipfel des Rosskopf.

 

Nun folgt der immer wieder empfehlenswerte Gratübergang zu den Stempeljochspitzen. Alle heikleren Stellen sind schneefrei, die Schneereste können leicht umgangen werden.

 

Hereinziehende Nebelschwaden sorgten für eine interessante Stimmung. Erst kurz vor dem Stempeljoch werde ich den ersten Bergkollegen begegnen. Mein Gipfelbucheintrag am Rosskopf war heuer der vierte.

 

Die anspruchsvollste Kletterstelle im Übergang (II+), sehr stabile Griffe und Tritte.

 

Der schöne Aufschwung auf den mir namentlich nicht bekannten Gratkopf (II-). Alles in sehr gutem Fels, kaum Schuttauflage.

 

Auf und ab, zuerst zur Großen Stempeljochspitze (2.543m) mit Steinmann, die Kleine mit dem Gipfelkreuz schaut schon herüber.

 

Und schließlich erreiche ich nach 45min die Kleine Stempeljochspitze (2.529m), oft begangen von der Pfeishütte und überdies auch ein schönes Skitourenziel.

 

Über die Rumerspitze hinweg nach Süden. Um die Mittagszeit lichtet sich endlich die zähe Wolkendecke und der Blick auf die Stubaier wird frei.

 

Sonntäglicher Hochbetrieb an der Pfeishütte.

 

Nach Osten nun auch freier Blick in das Halltal.

 

Im Gegensatz zum Charakter der bisherigen Tour geht es von der Stempeljochspitze auf Grasboden sanft hinunter zum Stempeljoch.

 

Die formschöne Rumerspitze. Oft begangen mit ihren schönen Graten.

 

Der Südostgrat des Rosskopf im Profil (setzt sich optisch leider nicht stark vom Gr. Lafatscher im Hintergrund ab). Vom Schneefeld auf der steilen Reise im Vordergrund verläuft die Rinne über ca. 150hm zur Gratschulter, danach 200hm steil am Grat bis zur Scharte beim Vorgipfel und abschließend 100hm flacher zum Gipfel.

 

Die Rinne im Detail. Von der Gabelung mit dem Schneerest im oberen Teil sind es ca. 30 unangenehme (steile, extrem brüchige) Höhenmeter bis zur Gratschulter. Möglicherweise ist doch der rechte Ausstieg ratsamer (oder sogar der Direktanstieg über die Platten rechts der Rinne, wie es ein Bericht der Mountain Manics nahelegt). Der gesamte restliche Gratverlauf ist Genuß pur.

 

Fast die Hälfte der Stempelreise kann Mitte Juni noch auf den Schuhen abgefigelt werden.

 

Origineller Effekt: die Restwolken haben sich für kurze Zeit als kleine Hüte über den Gipfeln (hier: Speckkarspitze bis Bettelwürfe) gehalten, bevor sie sich endgültig aufgelöst haben.

 

Rückblick auf die fantastische Tour vom Raddepot: Südostgrat auf den Rosskopf rechterhand, Übergang zu Stempelspitzen über den Grat nach links und retour via Stempelreise.

 

Wie sagt der Karwendelführer so treffend: "eine der schönsten Gipfelgestalten des Karwendel"

"

Der obere Bereich nochmal en detail: nach Rinnenausstieg (kaum sichtbar) leichterer wiesendurchsetzter Teil und danach aufsteilend hoch zum Gipfel.

 

Hinaus brause ich dann mit dem Rad, vor allem das Bettelwurfeck bergab gibt immer was her. Wieder einmal ein super Tag im Karwendel!

 


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