Brandjochspitzen - Hohe Warte - Kleiner Solstein

2599 / 2597 / 2637 Meter

Karwendel

3. Juni 2018

Autor: Jürgen

 

Beschreibung:

Start in Kranebitten (680m) und am Kerschbuchhof vorbei zum Ghf. Rauschbrunnen (1.088m). Weiter über die Aspachhütte (1.534m) zur Jagdhütte Larchln (1.740m). Durch das Schneekar zum Brandjochboden und zum Brandjochkreuz (2.268m). Über den Brandjoch-Südgrat zuerst zur Vorderen (2.559m) und weiter zur Hinteren Brandjochspitze (2.599m). Am Grat zur Hohen Warte (2.597m), weiter zum Gamswartsattel und am Grat zum Kleinen Solstein (2.637m). Abstieg zum Sattel vor dem Großen Solstein und über den Höttinger Schützensteig bis kurz vor die Magdeburger Hütte (1.637m). Zuletzt am Schleifwandsteig hinaus nach Kranebitten.

 

Zustiege zu den Gipfeln sind auch ohne Gratbegehung möglich, z.B. der Brandjoch-Südgrat via Höttinger Alm, die Hohe Warte über den NormalwegKleiner und Großer Solstein von der Magdeburger Hütte oder die Kurztour auf das Brandjochkreuz.  

 

Schwierigkeitsgrad: sehr schwierig (T5/III-)

Diverse Stellen bis III- sowie durchwegs abwechslungsreiche, teils luftige Gratkletterei mit vergleichsweise wenig Gehgelände. Am Brandjoch-Südgrat zwei Stellen III-. Eine III- ist unmittelbar nach der Hinteren Brandjochspitze abzuklettern. Reitgrat hinüber zum Kleinen Solstein und etwas luftiger kurz vor dem Gipfel. Anfang Juni noch Hartschnee kurz vor der Vorderen Brandjochspitze, einige Schneefelder im Abstieg vom Kleinen Solstein. Anspruchsvolle Steige hinunter nach Kranebitten. 

 

Dauer: 8:30 Stunden

Höhenmeter: 2.200 Meter (geschätzt, da unzählige Auf und Abs auf den Graten)

 

Parkplatz:

Nahe Bahnhof Kranebitten.

 

Einkehrmöglichkeiten:

Neue Magdeburger Hütte

 

Landschaft:  ********** (10/10)

Kondition:    ********** (10/10)

Anspruch:         ******** (8/10)



Am Gipfel der Hohen Warte (2.597m) hoch über Innsbruck, einem Zwischenziel auf dem langen Grat zwischen Brandjochspitzen und Solstein. 

  

Startpunkt der langen Rundtour ist in Kranebitten nahe des Bahnhofs (680m). Einige Minuten auf der asphaltierten Klammstraße hinauf zum Kerschbuchhof, kurz danach geht der Forstweg in einen schönen Steig über. 

 

Nach ca. 100 Höhenmetern lichten sich die Nebelschwaden.

  

Eine Dreiviertelstunde Eingehen zum Ghf. Rauschbrunnen (1.088m). 

 

Am schönen Steig weiter aufwärts, erster Blick zu den späteren Gipfelzielen. 

  

Die Aspachhütte auf 1.534m.

 

Ein wunderbarer Frühlingstag, alles in sattem Grün. Nach der Aspachhütte wird der Steig steiler, auf ca. 1.700m ein schöner Blick hinauf zu Hoher Warte, Brandjochspitzen und Brandjochkreuz. 

 

Jagdhütte Larchln (1.740m). In Bildmitte der Kleine Solstein, rechts die Hohe Warte, die auch direkt über den Südgrat ersteigbar wäre (IV). Zwischen den beiden Gipfeln verläuft der Normalweg auf die Hohe Warte

 

Ich zweige aber rechts in das Schneekar ab, um zuerst zum Brandjochboden (ganz rechts) und dann zum Brandjochkreuz aufzusteigen. Dort wird - nach fast 1.600 Höhenmetern Zustieg - die Tour erst richtig beginnen.

  

Im Schaf... äh Schneekar. Alle fühlen sich sauwohl. 

 

Am Schaf.. äh Brandjochboden (1.950m). Idylle pur. 

 

Im Westen die Südflanke des Kl. Solstein, wo ich später absteigen werde.

 

Herrliches Innsbruck, im Vordergrund Achselkopf und Achselbodenhütte (1.645m).

 

Vom Brandjochboden sind's noch 300 etwas monotone Höhenmeter zum Brandjochkreuz. 

 

Ein Schaf müsste man sein ... obwohl, vielleicht eher doch nicht. 

 

Die Südabbrüche vom Kl. Solstein und Hoher Warte. Dort oben werden ich und ein paar andere herumturnen. 

 

Am Brandjochkreuz (2.268m), von Kranebitten etwa 2:30h. Unsere gemeinsame Morgentour vom Gramartboden ist erst wenige Wochen her, doch heute darf ich endlich wieder den schon damals wehmütig begutachteten Südgrat in Angriff nehmen. 

 

Der Flughafen Innsbruck sorgt für akustische und visuelle Untermalung. 

 

Tiefblick zum Hechenberg, auch eine schöne, abwechslungsreiche Überschreitung, davor die tief eingeschnittene Kranebitter Klamm, die ich beim Abstieg aus nächster Nähe bewundern darf. 

 

Trailrunschuhe aus, klettertaugliche Bergpatschen an - los geht das Vergnügen. Der Südgrat wird beworben und dementsprechend oft begangen, meist aber von der Höttinger Alm (wie ich damals mit MTB-Zufahrt) oder von der Seegrube mit Bahnunterstützung.  

 

Einfacher Zustieg. 

 

Hin zu den steileren Partien. 

 

Felsenfenster mit Paradeblick auf Innsbruck, direkt nach der ... 

 

... ersten kniffligeren Abkletterstelle (II+, hier im Rückblick). 

 

Zweite Schlüsselstelle am Südgrat: der steile Kamin (III-). Die ersten 10m kann man auch rechts umgehen. 

 

Hier schon die dritte Schlüsselstelle im Rückblick: der bei guten Verhältnissen harmlose Sprung/Spreizschritt.  

 

Und der Ausstieg auf den oberen Gratabschnitt über ein Wandl mit etwas kleineren Griffen. 

 

Damit sind die üblichen Schwierigkeiten bewältigt, vorne bereits der Sattel zwischen Hinterer (links) und Vorderer Brandjochspitze (rechts, nicht sichtbar). Um zu dieser zu kommen, lege ich aufgrund des Hartschnees die Spikes an. Den Bergsteigerkollegen vorne, ein durchaus bekannter Mann (hat mich sehr gefreut!), werde ich später am Grat noch treffen. 

 

Auf der Vorderen Brandjochspitze (2.559m). Bei Routenkenntnis dauert die Begehung des Südgrats kaum 45 Minuten. 

 

Gigantischer Blick auf den östlichen Teil der Inntalkette. Links im Hintergrund die spannenden Ziele in der mittleren Gleirsch-Halltalkette und rund um das Halltal. Nein, das Karwendel kann einem niemals zu klein werden :)!

 

Rückblick auf den Brandjoch-Südgrat, bis hierher mit kurzen Pausen 3:30h und fast 1.900 Höhenmeter - heute jeder Meter ein Genuß!

 

Nach Norden in das innere Karwendel, vorne u.a. der Gr. Katzenkopf (2.531m), unten das Frau-Hitt-Kar. Links die Hippenspitze (2.388m), die man leider von der Inntalkette aus nicht erreichen kann.

 

Ich könnte ja schon auf der Vorderen Brandjochspitze stundenlang sitzen bleiben, doch heute beginnt hier erst die eigentliche Gratüberschreitung: zuerst hinüber zur Hinteren Brandjochspitze (rechts), dann weiter zur Hohen Warte und zum Kleinen Solstein. 

 

Das kleine Schneefeld am Sattel macht keine Probleme, und nach einem kurzen Versteiger ist auch die brüchige Rinne unschwierig (I). 

 

Es sind nur 15 Minuten von der Vorderen zur Hinteren Brandjochspitze. 

 

Rückblick zur Vorderen Brandjochspitze, die heute noch üppig Besuch erhalten wird. Am Grat selbst treffe ich 3 Leute. 

  

Jetzt beginnt der spannende Teil. 

 

Wenige Meter hinter dem Gipfel der Hinteren Brandjochspitze: ein ca. 15m hoher Absatz. Es gibt zwei Möglichkeiten: entweder Umgehung in der brüchigen Flanke links (II), oder etwas rechts der Kante direkt hinunter (III-). Die früher angebrachte Seilschlinge ist nicht mehr vorhanden. 

 

Da bevorzuge ich auf jeden Fall das direkte Abklettern. Dort wo nötig hat es gute Griffe, die Tritte muss man etwas suchen. Hauptschwierigkeit sind die letzten 5 Meter zur Scharte, hier links der Bildmitte. 

 

Dann am Grat weiter abwärts. Kaum Gehgelände, immer wieder schöne Kraxelstellen ohne markante Schwierigkeiten.

 

Vor einem Steilabbruch ist etwas Abstieg in die Südflanke nötig. 

 

Bei der Erstbegehung habe ich die ideale Stelle zum Queren etwas suchen müssen. Bin etwa auf Höhe des Schneeflecks ausgesetzt gequert (II), so erspart man sich weitere 30-40 Höhenmeter Abstieg und kommt exakt auf Höhe der Scharte heraus. Das direkte Abklettern scheint doch deutlich schwieriger zu sein, habe ich aber nicht getestet.

 

Tiefblick in das Hippenkar. 

 

Rückblick auf die Brandjochspitzen nach der ersten Gratpassage. 

 

Ein spitzer Zacken wird südwärts auf gutem Band unschwierig umgehen, vorher musste ich noch am Rand einer schneegefüllten Rinne abwärts. 

 

Am Tiefpunkt des Gratübergangs zur Hohen Warte. Weiter in der Südflanke hineingequert, und dann bei der schmalen schneegefüllten Rinne hinauf. 

 

Etwas brüchig und steiler hinein in die Rinne (II-). Achtung auf losen Schotter, generell kam mir vor, dass die Felsqualität von Osten nach Westen schlechter wird. 

 

Ausstieg aus der Rinne und ...

 

... am breiten Grat hinüber zum Gipfel der Hohen Warte (2.597m). Mit etwas Sucherei bei der Umgehung im Mittelteil habe ich 1h von der Hinteren Brandjochspitze benötigt. 

 

Rückblick auf den Grat von den Brandjochspitzen. 

 

Von der Hohen Warte könnte man hinunter zum Gamswartsattel und von dort am Normalweg retour Richtung Rauschbrunnen gehen. Für mich geht's aber weiter über die sehenswerte Gratgirlande zum Kleinen Solstein. 

 

Am markierten Abstieg unschwierig hinunter zum Gamswartsattel. 

 

Erst ab dem Sattel wird der Grat wieder anspruchsvoller. Mächtig schaut der Gipfelaufbau herüber - der Kleine Solstein ist immerhin der höchste Gipfel der gesamten Inntalkette.

 

Der bekannte (und schnelle) Kollege im Abstieg vom Kleinen Solstein - er hat den Grat auch wieder in Gegenrichtung begangen. 

 

Dort, wo der flache Grat in den steilen Gipfelaufbau übergeht, wartet ein echtes Gustostückerl - der Reitgrat. 

 

Auf dem im wahrsten Sinne des Wortes "geritten" wird. Cojones in Sicherheit gebracht, dann ist die Stelle technisch nicht schwierig. 

 

Die Stelle im Rückblick. Bei Schnee (so wie auch hier) kann die Stelle auch auf der Südseite umgangen werden. 

 

Danach steiler aufwärts. In Summe auch hier recht brüchiges Gelände, gewürzt mit IIer Stellen.

 

Noch ein schmales Gratstück, über das wahlweise geritten oder balanciert werden kann. 

 

Es wird steiler. Noch etwas am Grat entlang, dann drängt eine erheblich schwierigere Gratstufe nach links hinaus (Steinmann).

  

Das steile Schlußstück in der Südostflanke (II; mir kam am Grat zwischen Hoher Warte und Solstein übrigens keine III- unter, den Reitgrat würde ich auch nicht so bewerten).  

 

Rückblick aus der Steilflanke zur Hohen Warte. 

 

Technisch max. II, hier ist aber Vorsicht angebracht, weil schrofig und abschüssig. 

 

So kommt man zurück auf den Grat, die letzte Steilstufe wird auf einem südlich ausgerichteten Teilstück erklommen (II). 

 

Die letzten Meter am nunmehr flachen Grat mit ein paar luftigen Kraxlereien und dann endlich am Gipfel des Kleinen Solstein (2.637m). 

 

Zeit für eine längere Rast. 5:30h nach Aufbruch heute morgen.

  

Ein famoser Grat, von der Hohen Warte hat es rund 45 Minuten gedauert. 

 

 Abstieg vom Kleinen Solstein auf dem Normalweg in Richtung Westen. 

 

Oben Gehgelände mit minimalem unschwierigem Gekraxel.  

 

Immer wieder der faszinierende Tiefblick auf Innsbruck. 

 

Wer will, könnte auch steil über die Höttinger Flecken zum Normalweg von der Hohen Warte absteigen. 

 

Südprofil der Hohen Warte. 

 

Unschwieriges, breites Band im Abstieg vom Kleinen Solstein. 

 

Im Abstieg gibt's noch ein paar größere Schneefelder, die hier von Nachfolgenden gequert werden. 

 

Am Sattel zwischen dem sehenswerten Kleinen (im Hintergrund) und dem unscheinbaren Großen Solstein. Hier wieder Umsatteln auf Laufschuhe, von hier sind's noch satte 1.900 Höhenmeter zurück nach Kranebitten auf spannenden Steigen, für die ich nochmals etwas mehr als 2 Stunden brauchen werde.

 

Den 10 Minuten Abstecher zum sanften Gr. Solstein (2.541m) schenke ich mir. Gerne denke ich an die Skitour zurück. 

 

Man kann entweder über das Wörgltal oder über den landschaftlich schöneren, anspruchsvolleren Höttinger Schützensteig absteigen. 

 

Der am Vormittag hinter mich gebrachte Anstieg zum Brandjochkreuz. 

 

Herrlicher Steig. 

 

Der Steig überwindet elegant die Steilwände. Einige Stellen sind ausgesetzt, teils gesichert, in jedem Fall ist im Schutt die Rutschgefahr zu beachten. Links unten die Neue Magdeburger Hütte. 

 

Tiefblick in die Kranebitter Klamm, der Schleifwandsteig verläuft rechts der Klamm im Wald. 

 

Abstieg entlang der Felswände. 

 

Der Weg führt mich bis fast zur Magdeburger Hütte (1.637m), danach weiter abwärts. 

 

An einer Stelle könnte man links abbiegen und zurück Richtung Rauschbrunnen marschieren, ich zweige aber rechts ab zum Schleifwandsteig. 

 

Auf etwa 1.400m quere ich die Kranebitter Klamm. 

 

Rückblick auf die Felswände, entlang derer der empfehlenswerte Höttinger Schützensteig verläuft. 

 

Der Schleifwandsteig ist keinesfalls zu unterschätzen und erfordert Trittsicherheit. 

 

Rückblick zu den überschrittenen Gipfeln zwischen Solstein (links) und Brandjochspitzen (rechts). 

 

Der Weg nach Kranebitten ist nach der langen Gratbegehung ein ziemlicher Hatscher.

 

Doch jeder Steig hat ein Ende, wie hier im Boden der Kranebitter Klamm. 

 

Somit fehlen noch ein paar hundert Meter zurück nach Kranebitten, wo ich nach fast 8:30h ankomme. Der Karwendeldurst wurde wieder mehr als gestillt!

 


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Kommentare: 9
  • #1

    Elisa (Montag, 13 August 2018 12:48)

    Halli Hallo Super Beschreibung :)

    du hast von Laufschuhe auf Kletterschuhe umgesattelt = > meinst du damit = > hoch mit einem ähnlichen Salomon Schuh und dann den Grat mit einem gut passenden Zustiegschuh, korrekt.

    Danke für die Info und beste Grüße Elisa

  • #2

    Jürgen (Freitag, 17 August 2018 18:31)

    Hallo Elisa, genau, für Zustieg Speedcross o.ä., für den Grat hab ich bequeme klettertaugliche Halbschuhe. Das bisschen Zusatzgewicht ist leicht zu verkraften. Grüsse

  • #3

    Hinrich Grube (Montag, 22 Oktober 2018 11:42)

    Hatte erhebliche Unsicherheitsprobleme beim Begehen des Schottergrates. Trotz viel Bergerfahrung und guter Vibramsohle (allerdings weicher Schuh) hab ich mich extrem unwohl gefühlt und die Tour nach 50 lm abgebrochen. War zuvor schon auf der Hohen Warte gewesen und eigens für den Ostgrat des Kl. Solstein nocheinmal in den Gamssattel vom Tal aufgestiegen. Obwohl ich seit Jahrzehnten in die Berge gehe und zahllose nicht markierte Wege begangen habe (auch Klettern im Fels bis V), war dieser Grat für mich unter vernünftigen Gesichtspunkten ungangbar.

  • #4

    Michael Rung (Montag, 01 Juni 2020 21:13)

    Danke, für den tollen Bericht und alle anderen Touren, die Ihr hier so schön dokumentiert. Die Überschreitung Brandjoch - Solstein werde ich morgen mal in Angriff nehmen - schaut ja super aus!

    Viele Grüße aus Scharnitz

    Michael

  • #5

    Michael Rung (Mittwoch, 03 Juni 2020 08:59)

    super Tour!

  • #6

    Jürgen (Sonntag, 07 Juni 2020 17:25)

    Gerne, Michael, der Grat gehört zu den Schönsten im Karwendel!

  • #7

    Lande (Samstag, 30 Oktober 2021 14:30)

    Moin, danke für den ausführlichen Bericht, ich hab die Tour gestern nach der Uni gemacht. Einfach toll und ganz alleine so im Herbst :) Nur der Abstieg dann im Dunkeln zurück zur Rauschealm (Fahrrad) hat sich dann doch gezogen :D

  • #8

    Kai Schimana (Freitag, 21 Juli 2023 13:34)

    Sehr gute Beschreibung und sehr passende und gute Fotos dazu. Bravo!!
    Besser gehts nicht. Vielen Dank für diese tolle Routenbeschreibung.

    Kai

  • #9

    Klaus Mühlsteiger (Donnerstag, 12 Oktober 2023 09:11)

    Beschreibung ist sehr genau bravo